Sendung zum Nachlesen
Die Nachricht gehört in die Vorweihnachtszeit. Und sie ist sogar eine kleine Sensation: Papst Franziskus ist gerade zu Beginn der Adventszeit nach Myanmar gereist; in ein Land, in dem lediglich 5 Prozent der Bevölkerung als Christen gelten, und noch nicht einmal 1 Prozent zur Katholischen Kirche gehört.
Was sucht der Papst in einem Land, das so buddhistisch geprägt ist wie kaum ein anderes? Und warum kommt diese Reise und in der symbolischen Zeit des Advents?
In Deutschland wussten bis vor kurzem viele noch nicht einmal, wo Myanmar liegt, und dass Myanmar der Name für das auch Burma genannte Land ist. Nun häufen sich die Nachrichten, weil dort eine als Rohingyas bezeichnete Minderheit vom Militär angegriffen und vertrieben worden ist. Es kam zu schlimmen Übergriffen, viele wurden getötet, Dörfer abgebrannt, und Hunderttausende befinden sich auf der Flucht nach Bangladesch.
Keine Frage, dass hier der Protest der Welt nicht auf sich warten ließ und aus allen Richtungen Anklagen formuliert wurden. Außenstehende sind ja immer sehr schnell damit, anderen Menschen klar zu machen, was moralisch richtig ist und was gar nicht geht. Und so wurde der Besuch des Papstes auch nicht nur positiv beurteilt. Manche kritisieren, dass er bei den Gesprächen deutlich vermieden hat, den Namen der verfolgten Rohingyas auszusprechen, aus diplomatischer Rücksichtnahme.
Aber so einfach ist die Sache nicht. Die Konflikte mit der muslimischen Minderheit in dem buddhistischen Land sind kompliziert und nicht so eindeutig zu beurteilen. Die Regierungschefin Aung San Suu Kyi gibt sich ratlos, dabei hat sie einst den Friedensnobelpreis bekommen für ihr Engagement im Kampf gegen Unterdrückung und soziale Ungerechtigkeit. Und das bloße Aussprechen von Problemen hilft ja auch nicht weiter.
Da macht Franziskus vielleicht das einzige, was sinnvoll ist. Und was gleichzeitig so gut in den Advent passt: Er begibt sich auf den Weg, dahin, wo Menschen verfolgt werden. Er macht sich angreifbar. Und er doziert nicht von oben herab, um den Buddhisten aus christlicher Sicht endlich mal die Leviten zu lesen. Stattdessen wirbt er für den Frieden im Zusammenleben der Menschen, für den die Religionen im besonderen Maße verantwortlich sind.
Vor Regierungsvertretern hat er hat dazu aufgerufen, die Menschenrechte zu achten und Gerechtigkeit für alle ethnischen Gruppen gefordert. Das ist schon sehr deutlich und alle wissen, was gemeint ist, selbst dann, wenn der Name der Rohingyas nicht direkt auftaucht.
Aber diese Reise ist noch aus einem anderen Grund wichtig: Mit diesem Zeichen richtet sich der Papst nämlich genauso an die Welt, also auch an uns hier in Deutschland. Denn auch wir streiten noch immer über den Umgang mit Flüchtlingen. Nach wie vor diskutieren wir über Obergrenzen, über Familiennachzug, vor allem über das Geld, das die Integration kostet. Bei der Diskriminierung der Rohingyas sind wir schnell mit einem Urteil, sie sind ja auch so weit weg. Bei uns zuhause ist es nicht ganz so einfach.
Franziskus sagt nicht, wer mit seiner Sichtweise recht hat. Er fällt keine Urteile, er spaltet nicht in die Guten und in die Schlechten, weder bei den Menschen noch bei den Religionen. Stattdessen wirbt er für gegenseitiges Verständnis. Für ein friedfertiges Zusammenleben der Völker, der Religionen, der Kulturen über alle Grenzen hinweg, egal ob in Myanmar, in Deutschland oder sonst wo in der Welt. Der Zeitpunkt dafür ist ideal, denn am Sonntag ist 1. Advent, ein Neuanfang, nicht nur im Kirchenjahr, sondern für jeden einzelnen. Auch hier bei uns.
Wenn Sie mit mir über einen Neuanfang im Advent sprechen wollen, können Sie mich bis 8 Uhr telefonisch erreichen unter der Nummer 030 – 325 321 344.
Oder Sie diskutieren mit, auf Facebook unter „deutschlandradio.evangelisch“.