Wort zum Tage
Alles oder nichts
mit Olav Metz
Autor
04.10.2021 06:20
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Es gibt nur zwei Arten, sein Leben zu leben: Entweder so, als gäbe es keine Wunder, oder so, als wäre alles ein Wunder. Das sagt Albert Einstein. Und was das heißt, habe ich im Mai bei einem Gottesdienst eindrücklich erlebt.

 

Auch wir haben in den letzten anderthalb Jahren viele Gottesdienste im Freien gefeiert – wegen Corona. So hatten wir uns auch Ende Mai auf der schönen Freilichtbühne in Baabe auf der Insel Rügen versammelt. Und auch die gerade sieben Monate alte Mia war dabei, die in diesem Gottesdienst getauft werden sollte.

 

An diesem Sonntag war es bewölkt und kühl und man hörte den Ostwind und die Ostseewellen rauschen. Und da ist es geschehen: Als der Vater das Kind über das Taufbecken hielt, da brach plötzlich für einen Augenblick die Wolkendecke auf und wir standen genau im Moment der Taufe im Sonnenlicht.

 

Nun gibt es zwei Möglichkeiten, damit umzugehen: Ich kann das Ganze natürlich einfach als einen kuriosen zeitlichen Zufall betrachten. Ich kann aber auch mehr darin sehen und diesen Sonnenstrahl als ein Zeichen verstehen. Zum Beispiel ein Zeichen für das Licht, das Mia auf dem Weg ihres Lebens begleiten soll, als Zeichen dafür, dass Gott ihr nahe ist und sie begleitet. Und wenn eine kleine Wolkenlücke so für mich zu einem Zeichen wird, dann geschehen Wunder mitten in meinem Leben.

 

Was mich berührt hat, das war nun aber nicht nur dieser – zugegeben sehr schöne - Sonnenstrahl. Mich hat auch berührt, dass in dem Moment, als das Sonnenlicht auf Mia fiel, die ganze Gemeinde spontan anfing, zu klatschen. - Für mich war auch das ein Zeichen. Dafür, dass auch all diese Menschen nicht nur den Sonnenstrahl gesehen haben, sondern - so wie ich selbst - das Zeichen in ihm. Und mit ihrem Klatschen sind sie dann selber zum Zeichen geworden, dafür, wie Menschen ein Wunder erkennen und sich von ihm berühren lassen können.

 

Es gibt nur zwei Arten, sein Leben zu leben: Entweder so, als gäbe es keine Wunder, oder so, als wäre alles ein Wunder. Ich glaube, Wunder geschehen am laufenden Band. Sichtbar werden sie aber erst, wenn ich nicht nur Fakten und Zufälle wahrnehme, sondern wenn ich in dem, was ich sehe und erlebe, Zeichen erkennen kann. Dann bekommen die Dinge eine andere, tiefere Bedeutung. Und die bekommen sie nicht für sich, sondern für mich.

 

Wunder oder nicht? - Am Ende muss jeder diese Frage natürlich für sich selber beantworten. Ich finde aber, es lohnt sich, über diese persönliche Entscheidung immer wieder mal nachzudenken. Denn wenn ich Einsteins Satz richtig verstehe, dann geht es mit dieser Entscheidung um das Wunder oder Nichtwunder meines und allen Lebens und damit womöglich auch für mich um alles oder nichts.

 

Es gilt das gesprochene Wort.