Wort zum Tage
Gemeinfrei via unsplash / Marc Zimmer
Drei Narren und eine Rose
von Olav Metz
Autor
17.10.2022 06:20

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Eigentlich ist die Burg Eltz an der Mosel nie eine richtige Wehrburg gewesen, sondern mehr eine Wohnburg. Das ist auch ein Grund dafür, dass sie über 900 Jahre nie durch Angreifer zerstört wurde und heute eine der schönsten und meistbesuchten Burgen Deutschlands ist.

 

Eine Besonderheit dieser Burg ist, dass es schon seit dem 13. Jahrhundert drei Burgherren gab. 1268, so erfahre ich bei der Führung, teilen sich die Brüder Elias, Wilhelm und Theoderich von Eltz die Burg und jede Familie bewohnt fortan auf der Burg ein eigenes Haus.

 

Einen Raum gibt es aber, der durch alle Jahrhunderte von allen drei Familien genutzt wird, und das ist der Rittersaal.

Und diesen Saal zieren zwei Besonderheiten: Die erste sind drei Narrenmasken, die direkt unter der Decke an drei Stellen in den umlaufenden Wandfries eingearbeitet sind – durch die Narrenkappen mit Zipfeln unschwer als solche zu erkennen.

 

Diese drei Narren – so erzählt der Burgführer - waren ein Symbol für die Redefreiheit: In diesem Raum durfte jeder alles sagen. Jedes Mitglied der drei Familien hatte hier sozusagen ‚Narrenfreiheit‘. Und keiner konnte ihm oder ihr das Wort verbieten.

 

Die zweite Besonderheit in diesem Raum ist eine Rose.

Sie hat ihren Platz direkt über der Tür, durch die jeder gehen muss, der den Raum betreten oder verlassen will. Und auch diese Rose hat ihre Bedeutung: Sie ist eine Schweigerose. Wer unter ihr durchging und den Raum verließ, war damit zum Schweigen verpflichtet. Zum Schweigen über alles, was zuvor in diesem Raum in aller Offenheit gesagt worden war.

 

Nun gehöre ich nicht zu denen, die sich vergangene Zeiten zurückwünschen oder meinen, früher wäre alles besser gewesen. Aber einen Raum mit Narrenmasken und Schweigerose, den könnte auch ich manchmal gut gebrauchen. Zum Beispiel für den Hausbesuch bei den beiden alten Herrschaften, die immer so freundlich mit mir reden, aber anderswo die seltsamsten Dinge über mich und unsere Kirchengemeinde erzählen. Oder für das Gespräch im Kirchenamt, bei dem sicherlich wieder nicht alles auf den Tisch kommen wird, was gesagt werden müsste. Aber hinterher wird dann wahrscheinlich wieder hinter vorgehaltener Hand getuschelt.

 

Jesus hat mal gesagt, wenn wir mit Gott reden, dann sollen wir dies zwar offen, aber nicht öffentlich tun. (Mt 6, 6). Ich glaube es würde oftmals sehr viel weiterhelfen, wenn wir uns auch im Umgang miteinander nach diesem Grundsatz richten würden. Und dafür wäre es bestimmt hilfreich, wenn wir uns gemeinsam hier und da unseren eigenen Raum mit Narren und Rose schafften. Um offen und dennoch geschützt zu reden, wie im Rittersaal auf Burg Eltz.

Es gilt das gesprochene Wort.