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Sendung zum Nachlesen
Irgendwann ist immer das erste Mal. Wir erleben es ganz bewusst und erinnern uns daran erstaunlich deutlich: Der erste Kuss, die erste große Liebe, die erste eigene Wohnung, die ersten Schritte des eigenen Kindes, die ersten Worte, die es spricht…
Irgendwann ist immer auch das letzte Mal. Doch anders als beim ersten Mal ist uns das oft nicht bewusst. Manchmal beschleicht uns eine Ahnung und steht dann im Raum: Es könnte das letzte Mal sein. Das letzte Mal an diesem Ort, die letzte Begegnung in diesem Leben. Corona rückt diese Erfahrung plötzlich ins Bewusstsein: Wann war ich das letzte Mal so richtig ausgelassen tanzen? Wann mit vielen an einer Tafel? Unbeschwert und ohne Maske? Ich habe eine Freundin, die die Oper sehr liebt. Regelmäßig war sie dort in der Vorstellung. Kannte jede Inszenierung. Oper geht zwar wieder – aber eben doch anders: mit Maske – ohne Glas Wein in der Pause. Und oft genug werden Vorstellungen auf den letzten Metern abgesagt oder finden konzertant statt, weil Solisten und Orchestermitglieder erkranken und kurzfristig ausfallen. Kürzlich standen wir in der Pause zusammen und sie sagte mit Wehmut in der Stimme: Manchmal denke ich, das war das letzte Mal. Eine normale Vorstellung werde sie vielleicht gar nicht mehr erleben…
Mit dem Abendmahl in der Kirche verhält es sich ähnlich. Pandemiebedingt ist es selten geworden, viele vermissen es – und wenn die Gemeinde es feiert, ist es anders als sonst. Brot und Saft. Coronakonform eben.
Haben die Jünger Jesu eigentlich gewusst, dass es das letzte Mal ist, frage ich mich. Das letzte Mal um einen Tisch versammelt. Das letzte Mal miteinander essen und trinken. Das letzte Mal seine Stimme hören in diesem Raum. Das letzte Mahl.
Das ist das Besondere an diesem Sakrament: In der Erinnerung, im Vollzug ist derjenige präsent, der eigentlich gar nicht mehr da ist. Das geschieht in einer fortwährenden Wiederholung. Und doch feiert das Abendmahl die Einmaligkeit – trägt den Geschmack des Abschieds auf der Zunge und des Feierns in diesem Moment mitten im Leben.
Die Pandemie hat mich sensibler gemacht für dieses erste und letzte Mal, empfänglicher für den Moment: Das erste Mal wieder ins Kino, das erste Mal wieder ins Lokal ohne Testnachweis – das erste Mal wieder groß feiern. Und sicher eines Tages zum letzten Mal die Maske tragen und wieder frei atmen können und andere umarmen. Muss sich so ähnlich anfühlen wie damals beim ersten Kuss…
Es gilt das gesprochene Wort.