Der Isenheimer Altar

Am Sonntagmorgen

Isenheimer Altar, Matthias Grünewald 1515/16

Der Isenheimer Altar
Und wie er hilft, Karfreitag zu verstehen
03.04.2015 - 08:35
26.03.2015
Pfarrer i.R. Burkhard Müller

Harte, schwere Schritte. Schritte des Todes auf seinem Weg durch die Welt. Er tritt nieder, was leben will. Gewalttätig und rücksichtslos bringt er Leid und Vernichtung.

 

Der Tod auf dem Weg durch die Welt hat viele Gesichter. Er kommt nicht allein. Er hat Boten und Begleiter, Helfer: den Krieg, die Armut, die Krankheit. Wo er hintritt: Schmerz und Sterben.

 

Leid trägt viele Kleider. Diesmal trägt es das Gewand einer ekelhaften Haut, wie zerfressen und voll schmerzender Wunden. So hat es Matthias Grünewald gemalt.

 

Auf seinem Bild rechts steht Johannes der Täufer. Er hat einen Extrem-Zeigefinger. Gestreckt, überdehnt, spitz. Die Hand mit dem Finger ist beinahe so lang wie sein ganzes Gesicht. Dabei ist es keine Karikatur. Das Bild ist ein großes, ernsthaftes, religiöses Gemälde, aufgestellt in einer Kirche. Es ist sehr groß, acht Quadratmeter. Um 1515 hat Grünewald das Bild fertiggestellt.

 

Der Riesenfinger des Johannes zeigt auf die Mitte des Bildes. Aber das ist eigentlich nicht nötig. Unverhältnismäßig groß und unübersehbar hat Grünewald Jesus am Kreuz in die Mitte des Bildes gerückt. Wie automatisch werden die Blicke auf dieses Jammerkreuz in der Mitte gelenkt, auf diesen geschundenen Menschen mit einer Haut voller Schwären gezogen. Einerseits. Doch andererseits möchte man sich abwenden und wegschauen von dieser Ekelgestalt des Gekreuzigten. Aber deswegen hält Johannes den übergroßen Finger darauf: Wir sollen nicht der Versuchung erliegen uns abzuwenden.

 

Der Zeigefinger mahnt: Wenn ihr wissen wollt, worauf es wirklich ankommt, wenn der Tod mit seinen Boten, Begleitern und Helfern nahe ist, dann blickt auf Christus, den Gekreuzigten. Den müsst ihr anschauen!

 

Heute kann man einfach bei „Google-Bild“ das Stichwort „Isenheimer Altar“ eingeben und schon hat man das Bild und den Riesenfinger auf dem Schirm. Aber das ist natürlich nichts gegen einen echten Besuch im Museum Unterlinden in Colmar. Heute ist der Isenheimer Altar dort aufgestellt. Er gilt als eins der ganz großen Werke der Kunstgeschichte. Deswegen gehört das Museum in Colmar zu den am stärksten besuchten Kunst-Museen Frankreichs.

 

Aber schon vor Jahrhunderten haben Besucherströme das Bild aufgesucht. Wallfahrer auf ihrem Weg nach Rom und Santiago di Compostela kamen hier vorbei. Aber – anders als viele Touristen heute – betrachteten sie das Bild nicht aus kunsthistorischem oder ästhetischem Interesse. Sie standen vor dem Bild als Büßer und Bittsteller, die Gnade wollten und Heil.

 

Wenn heute Menschen sagen: „Ich bin dann mal weg!“, die Haustüre hinter sich zumachen, um nach Santiago di Compostela zu pilgern, so hat ihr Pilgern nur ganz entfernt mit dem zu tun, was früher eine Wallfahrt bedeutete. Pilger waren unvergleichlichen Gefährdungen ausgesetzt, dazu Hitze und Durst, Hunger und Erschöpfung. Pilgern war Anstrengung mit großer körperlichen Qual. Da war man froh, wenn man unterwegs Herbergen fand. Solch eine Herberge bot das Antoniterkloster in Isenheim im Elsass mit dem berühmten Altar. Der Ruf der dort aufgestellten Bilder eilte dem Kloster voraus. Sie zu sehen, vor ihnen zu beten, Kraft zu sammeln für alles, was an Schwerem auf dem Pilgerweg noch vor ihnen lag, war den Wallfahrern eine wichtige religiöse Übung.

 

Leider war der Altar mit den Bildern im Chorraum der Klosterkirche aufgestellt. Und der Chorraum war Pilgern nicht zugänglich. Der Lettner trennte den Chorraum ab und sperrte die Wallfahrer aus. Zum Glück war das Bild groß. Schlecht und recht konnten die Pilger über den Lettner hinweg das Bild anschauen.

 

Sie konnten den Jesus am Kreuz sehen. Jeder kannte Bilder des Gekreuzigten. Aber nirgendwo war ihnen die Qual und das Elend des Gekreuzigten so schockierend realistisch dargeboten worden.

 

Auffallend große Nägel fixieren die schmerzverkrampften Hände am Kreuz. Der Fußnagel zerreißt das Fleisch des Spanns. Blut tropft herab. Stacheln stecken im Oberkörper und in den Armen. Die Haut ist voll eitriger Schwären. Der kranke Körper ist grün-gelblich gemalt. Das Haupt Jesu ist von einer ungewöhnlich großen Dornenkrone gekrönt, die Lippen sind blau angelaufen; Zunge und Zähne sind sichtbar: ein Haupt voll Blut und Wunden.

 

Das Bild konnte die Pilger schocken, sollte es vielleicht auch. Viele von ihnen hatten es gleichsam mit der Muttermilch eingesogen, dass Jesus für Ihre Sünden stellvertretend leidet, ihre Strafen leidend erträgt. Hatten sie ihm nicht im Grunde genommen all das Leid zugefügt, das auf dem Bild zu sehen war?

 

Der ursprüngliche Glaube der Christenheit, dass Jesus den Märtyrertod gestorben sei als Zeuge für seine Botschaft, hatte sich im Mittelalter gewandelt in den furchtbaren Glauben, dass Gott von Jesus verlangt habe, stellvertretend die Sündenbestrafung für die Sünden der Menschen zu erleiden, um so Sühne zu leisten für die Sünden der Welt. Jede Verletzung am Körper, jede Wunde, jeder Schmerz klagten den Betrachter an: Daran bist du mit deiner Sünde schuld.

 

Pilger sahen, wie der starke Querbalken des Kreuzes sich unter einer schweren Last nach unten bog. War das die Last der Sünden der Welt, die Jesus auf seinen Schultern mit an das Kreuz genommen hatte?

 

Ob dieses Bild von dem Gekreuzigten den Wallfahrern Trost und Erbauung geben konnte?

 

Sensible Wallfahrer mag es erschreckt haben, die Qualen und Verwundungen des Gekreuzigten zu sehen. Scham überfiel sie: „So sündig habe ich gelebt, dass Gottes Sohn so leiden musste! So viel Leid habe ich ihm angetan. Was für einer schlechter Mensch muss ich sein!“

 

Das Bild befreite die Gewissen nicht, es belastete sie.

 

Sie konnten in diesem Bild keine Liebe Gottes erkennen, sondern nur das Ausmaß ihrer Sünden. Diese Qualgestalt erinnerte sie an ihre Schlechtigkeit und mahnte sie, jetzt erst recht Buße zu tun.

 

Das Bild drängte sie, weiterzugehen auf dem schweren und gefährlichen Weg nach Santiago di Compostela. Dort endlich würde die Kirche durch ihre berufenen priesterlichen Diener und die von ihnen verwalteten Gnadenmittel Absolution erteilen können. Aber bis dahin ging es weiter auf dem Büßerweg.

 

Vielleicht sind damals manche auf den Gedanken gekommen, Johannes der Täufer, der Mann mit dem überlangen Zeigefinger, stehe als der bekannte große Bußprediger auf diesem Bild. Tut Buße! war seine eindringliche Predigt in der Wüste am Jordan. Und hier vor den Wallfahrern auch: Tut Buße. Der Zeigefinger verweist auf das Leid Christi: „Seht, was ihr ihm angetan habt! darum tut Buße!“

 

Ist das die Botschaft des Bildes? Wenn ja, dann hat der Künstler kein Gnadenbild gemalt, kein Trostbild, sondern eines, das die Pilger als Sünder anklagt und sie drängt, mehr Buße zu tun und sich den Strapazen der Wallfahrt mit neuem Ernst auszusetzen. Und weiterzuziehen.

 

Für wen haben die Mönche des Klosters das Bild bei Matthias Grünewald in Auftrag gegeben? Nicht für die Pilger! Sie hatten keinen direkten Zugang zum Bild. Sie waren durch den Lettner ausgesperrt. Das Bild kann deshalb nicht für sie bestimmt gewesen sein. Aber für wen dann?

 

Haben sie das Bild für sich, zur eigenen Erbauung dort aufstellen lassen? Aber warum dann ein so außergewöhnlich schockierender Christus mit ekligen hässlichen Wunden auf der Haut? Mehrmals täglich verrichteten die Mönche vor dem Bild ihr Stundengebet oder feierten dort die Messe. Warum taten sie sich das an?

 

Sie haben den Bilderaltar nicht für sich machen lassen. Die Mönche wollten diesen Christus nicht selber sehen, zeigen wollten sie ihn. Und zwar den Menschen, die sie bei sich aufgenommen hatten und die bei ihnen zur Pflege lebten.

 

Es waren Schwerkranke, deren Krankheit die Haut entzündete und mit Schwären entstellte. Dieser Jesus am Kreuz war deshalb mit den ekelhaften abstoßenden Hautverwundungen am ganzen Körper gestaltet, damit die Kranken des Klosters ihre Leidensmerkmale an Jesu Körper wiederfanden.

 

Der Tod war allgegenwärtig im Antoniterspital. Vielleicht deshalb wurde der Christus am Kreuz nicht als Lebender, nicht einmal als Sterbender, sondern – durchaus ungewöhnlich – als Gestorbener gemalt. Dieser Jesus am Kreuz ist tot. Er hängt dort mit toten-bleicher fahler Haut.

 

Manche Fachleute erkennen an diesem Leichnam Symptome der Pest. Die Spuren der Geißelung sind hier wie aufgebrochene Pestbeulen gestaltet.

 

Hier ist nicht zuerst ein Gekreuzigter, hier ist ein Pestleichnam gemalt.

 

In den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts zogen Pestepidemien immer wieder den Oberrhein entlang. Immer wieder werden sich Infizierte ins Antoniterspital gerettet haben. Da sahen sie auf dem Bild den Gekreuzigten. Sie konnten sich in ihm wiederentdecken: „Christus ist einer von uns.“

 

Aber die Hauptgruppe der Kranken in diesem und in allen Antoniusklöstern waren keine Pestkranken, sondern Patienten, die von einer anderen Krankheit befallen waren, die damals in Europa wütete. Wegen der heftigen brennenden Schmerzen wurde sie „ignis sacer“, Heiliges Feuer genannt.

 

Erst viele Jahrhunderte später hat man diese Krankheit als eine Vergiftung durch das Mutterkorn erklären können.

 

Das Mutterkorn ist ein giftiger Parasit, der in den Ähren vor allem des Roggens wächst. Es wurde von Hebammen geschickt zur Verstärkung von Wehen genutzt. Vielleicht rührt daher der Name „Mutterkorn“. Manche setzten es wohl auch zur Herbeiführung einer Abtreibung ein. Unkontrolliert im Brot verbacken konnte es Darmkrämpfe auslösen, Halluzinationen bewirken und zu schlimmen brennenden Hautentzündungen führen. Die äußeren Gliedmaßen begannen durch Gefäßverengung unter außerordentlichen Schmerzen abzusterben.

 

Eigentlich müssten diese giftigen Körner vor dem Mahlen des Getreides aussortiert werden. Aber die Menschen ahnten nichts von der Gefahr aus dem Getreide. So geriet das Gift in das Brot.

 

Ein neuer Bettelorden, der Orden der Antoniter, übernahm nach und nach in ganz Europa die Pflege dieser an der Mutterkorn-Vergiftung unheilbar erkrankten Menschen. Ihretwegen wurde die Krankheit auch „Antoniusfeuer“ genannt. Das Ordensstatut verpflichtete die Antoniter streng, jeden am Antoniusfeuer Erkrankten in ihre Klöster aufzunehmen, sie zu pflegen und um Heilung oder Schutz vom heiligen Antonius zu bitten.

 

Überall wurden neue Niederlassungen eröffnet, auch in Isenheim in der Nähe von Colmar.

 

Im Isenheimer Kloster wurden die Kranken immer wieder in den Chorraum vor das Altarbild geführt. Nach mittelalterlicher Auffassung galten solche Meditationsbilder als „quasi medicina“, als so etwas wie eine Medizin. Vom Bild sollten Heil und Gesundung ausgehen, eine innere Kräftigung, die körperliche Schmerzen milderte. Man hoffte, der heilige Antonius wirke ein Wunder oder der Kranke gewinne wenigstens geistlichen Trost aus der Betrachtung des Altars.

 

Für diese vom Antoniusfeuer gequälten Menschen also war dieses Bild in Auftrag gegeben worden.

 

Keiner kann die uralte Warum-Frage einfach abschütteln: Warum eigentlich bin ich krank geworden?

 

Und keiner kann es verhindern, wenn sich diese Frage gegen den Fragenden wendet: Trägst du nicht selbst die Schuld an deiner Krankheit?

 

Noch in modernen Zeiten taucht diese Frage auf, aber in einer weltlichen, gar nicht religiösen Gestalt:

 

Warum bist du erst so spät zum Arzt gegangen,

warum hast du nicht gejoggt,

warum hast du dich falsch ernährt,

warum arbeitest du so viel,

warum hast du dich nicht beim Yoga entspannt?

 

Heute kommt die Strafe ohne den Umweg über einen strafenden Gott. Sie kommt direkt. In der Zeit des Bildes kam die Strafe auf Fehlverhalten und Sünde nicht direkt. Gott strafte. Er schickte das Leid.

 

Allerdings nannte man Menschen, die mit solchem Leid gestraft waren, gelegentlich merkwürdigerweise "Märtyrer der Liebe Gottes". Sie galten wegen ihrer Krankheit als von Gott besonders geliebt. Gott gab ihnen durch ihr Leid die Möglichkeit, ihre Schuld bereits auf Erden abzubüßen. Sie brauchten das Gericht am Ende der Tage darum nicht zu fürchten, denn sie konnten geläutert vor Gott, den Richter, hintreten.

 

Es ist heute für viele schon ziemlich merkwürdig, vielleicht sogar ärgerlich, welche theologischen Purzelbäume man schlug, um den Menschen in ihrem Leid scheinbar befriedigende Antworten zu geben. Welche unsäglichen Vorstellungen von Gott, von dem Gottesgericht, von Sünde und Buße war in den Köpfen und beschwerte die Herzen!

 

Alles dies sind Gedanken und Überlegungen, die man nur deshalb anstellte, weil man noch nicht wusste, dass die Krankheit vom Mutterkorn ausgelöst war. Und durch das Gift, das in dem Brot eingebacken war, verursacht worden war. Dass die Kranken überhaupt nicht schuld waren an ihrem Leid, dass auch Gott ihnen das Leid nicht zugefügt hatte, dass es keine Bestrafung für eine Sünde war, sondern schlicht ein zeittypischer Ernährungsfehler, für den der Kranke wahrlich nichts konnte. Scheinbar tiefsinnige Gedanken zur Frage von Schuld und Strafe, von Gott und seinem Zorn erweisen sich als absurde fromme Konstruktionen aus Unwissenheit.

 

Die Kranken im Antoniterhospital haben den harten und schweren Schritt des Todes gehört. Mit seinen Begleitern ist er ihnen auf seinem Weg durch die Welt sehr nahe gekommen. Er zertritt, was leben will. Er ist gewalttätig. Rücksichtslos verbreitet er Schmerz, Leid und Vernichtung. Selbst wenn die Kranken alles durchschaut hätten und die Ursache ihrer Krankheit, die Vergiftung durch das Mutterkorn, erkannt hätten auch wenn sie Gott nicht als den Strafenden und die Krankheit nicht als Lebensbuße angesehen hätten, das Schlimmste blieb ja: der unsägliche Schmerz ihrer unheilbaren Krankheit.

 

Grünewald stellt gegen die lärmende Gewalt des Leids und des Todes ein auffallend ruhiges Bild des am Kreuz gestorbenen Christus. Das lärmende Volk und die Henker sind abgezogen. Nur wenige trauernde und verzweifelte Gestalten erkennen wir. Und in der Mitte der Gekreuzigte. Das Bild soll den Kranken Angst nehmen und ihnen sagen: „Du bist mit deinem Leid nicht allein. Jesus Christus weiß, was deine Schmerzen sind, denn er selbst hat sie an seinem Leib und an seiner Haut ertragen müssen. Folge dem ausgestreckten Finger des Johannes, sieh den Mann am Kreuz an und versteh: er ist einer von uns. Der, an den du glaubst, zu dem du betest, ist dir in deinem Schicksal sehr nah. Immer hat er sich zu den Niedrigen, den Armen, Kranken und Elenden gehalten. Und noch am Kreuz zeigt er, wie nah er uns Kranken ist.“

 

Der Gekreuzigte dieses Bildes wird gleichsam als Urbild menschlichen Leids gezeigt. Er trägt so schwer an Schmerz und Leid der Welt, dass sich die Balken des Kreuzes unter dieser Last nach unten biegen. Im Sinn dieses Bildes muss an Karfreitag, dem Todestag Jesu, das Leid der Welt in den Blick kommen und zur Sprache gebracht werden.

 

Matthias Grünewald hat in seinem Bild nicht die Sünde und ihre Vergebung, sondern das Leid zum Thema gemacht.

 

Das Bild tröstet nicht die Täter des Bösen, die sich so gern ihre Sünden vergeben lassen. Das Bild tröstet die Opfer, die glauben dürfen, dass Gott sie in ihrem Leid nicht allein lässt.

 

Und hier wird nun das Bild auch für die pflegenden Antoniter sehr wichtig. An sich brauchen sie kein Bild vom Leid, denn davon sehen sie genug und sicherlich manchmal mehr als genug.

 

Und sie brauchen kein Bild von ekligen Wunden, denn die kennen sie und waschen sie aus, wenn es nötig ist.

 

Aber sie brauchen das Bild, dass Jesus sich am Kreuz mit dem Leid verbunden hat.

 

Dafür war das Bild wichtig: Jesus identifiziert sich mit dem Leid ihrer Patienten. Das Bild gibt diesem Leid eine neue Qualität und Würde. Auch Jesus war Träger dieses Leides. Er war sozusagen einer von ihren Kranken im Antoniuskloster.

 

Mochten sie bei ihren Stundengebeten ruhig kräftig Psalmen und Halleluja singen und sich dabei Gott ganz nahe fühlen. Wirklich nahe waren sie ihrem Herrn und Gott, wenn sie den Kranken nahe waren. So gesehen ist dieses Bild die künstlerische Darstellung eines bekannten Gleichnisses der Bibel. Da sagt Jesus: „Ich bin krank gewesen, und ihr habt mich gepflegt.“ „Wann“, fragen die Jünger überrascht, „wann haben wir dich krank gesehen und haben dich gepflegt?“ Und Jesus antwortet: „Alles, was ihr einem von diesen Kranken getan habt, das habt ihr mir getan.“

 

Die Kranken haben die harten, schweren Schritte gehört, Schritte des Todes auf seinem Weg durch die Welt. Er ist ihnen nahe gekommen.

 

Aber Christus ist da, stark gegen den Tod und seine harten, trampelnden Schritte. Das ist zwar nicht das Thema von heute, sondern das Thema für übermorgen. Für Ostern. Hier im Kloster musste nur die Bildtafel aufgeklappt werden und Grünewald zeigte ein verheißungsvolles Bild des auferstanden Christus. Es sind großartige Bilder voller Versprechen: „Christus ist mit euch in eurem Leid. Und ihr werden mit ihm sein in seiner Herrlichkeit. Jetzt ist er bei uns in unserer Welt und dann nimmt er uns mit in seine Welt.“ Ein starker Tod wird schwach vor ihm. Das Leben siegt.

 

 

Musik dieser Sendung:

(1) Totentanz (Liszt), Franz Liszt Klavierkonzerte, Krystian Zimerman

(2) Choral: O Haupt voll Blut und Wunden (Bach), Matthäus-Passion Arien und Chöre, Gächinger Kantorei, Helmuth Rilling

(3) Andante con moto (Mendelssohn), Mendelssohn Symphonien, London Symphony Orchestra

26.03.2015
Pfarrer i.R. Burkhard Müller