Angst

Morgenandacht
Angst
23.01.2019 - 06:35
13.12.2018
Thomas Dörken-Kucharz
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Viele Menschen sind verängstigt. Nicht nur weltweit, sondern überall in Europa drohen Anschläge. Nirgends scheint man noch wirklich sicher. Beim Besteigen von U-Bahnen und Zügen beschleicht einen ein mulmiges Gefühl. Flughäfen meidet man lieber, Menschenansammlungen auch. Angst ist ein schlechter Ratgeber, sagt der Volksmund. Stimmt das? Gibt es denn einen besseren? Die Vernunft vielleicht?

 

Angst ist ein schlechter Ratgeber, weil sie die Lösung von Problemen, die klare und nüchterne Sicht auf die Dinge verstellt, weil sie unfrei macht und einengt. Aber die Angst an sich ist nicht schlecht. Biologisch ist sie ein Frühwarnsystem, das alle Körperfunktionen auf Alarm stellt, sodass wir schnell handeln oder auch fliehen können. Das Problem ist nur: Was heute Angst auslöst, ist nicht direkt zu beeinflussen. Hörte man in den Urzeiten, aus denen dieses Frühwarnsystem stammt, ein Geräusch des Nachts im Wald, konnte man sich entscheiden: Fliehen oder Kämpfen. Angst schüttet Adrenalin aus, das den Körper in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Heute ist das eher hinderlich. Bei einem Terroranschlag hat man diese Alternative nicht. Und so ist das auch bei vielen anderen Nachrichten, die heute Ängste auslösen. Die Welt ganz im Allgemeinen macht zunehmend Angst. Prinzipiell ist Angst wichtig, weil sie vorsichtig macht, weil man durch sie sein Tun besser abwägt. Unser uraltes Frühwarnsystem ist gut, aber nicht gut genug für die komplexen technischen und gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen wir leben.

 

Angstfrei zu leben wäre vielleicht schön, ist aber eine Illusion. Niemand kann seine Ängste einfach abschütteln, man kann sie nur langsam abarbeiten, indem man sie sich bewusst macht und sie, Schritt für Schritt, abbaut. Was wir brauchen, ist ein intelligentes Angst-Management. Da kann man mit Selbsthilfe-Techniken einiges erreichen. Zu sich selbst finden und Selbstsicherheit aufbauen, das hilft. In einem gewissen Rahmen. Es befreit uns aber nicht von allen Ängsten.

 

Zu einem intelligenten Angstmanagement gehört eine Hoffnung, die größer ist als die Angst. Wenn sich ein Vater um seine Kinder oder eine Frau um ihren Partner sorgt, sprich, wenn sie um sie Angst haben, dann ist das nur vordergründig eine größere Angst. Eine solche Angst nämlich macht mutig zu handeln und die kleineren Ängste verschwinden. Liebe und Beziehung zu seinen Nächsten sind stärker. Das Wesen der Angst allein hingegen ist, dass man beginnt um sie und damit allein um sich selbst zu kreisen. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, braucht man etwas Größeres, an dem man sich orientieren kann. Das gilt für das private Umfeld genauso wie für Innen- und Außenpolitik. Es sind die klugen, vernünftigen Politiker, die aus dieser Erkenntnis handeln.

 

Auch glaubenden Menschen ist kein angstfreies Dasein versprochen. Sie beziehen sich aber auf eine größere Hoffnung, die ihre Angst relativiert und sie so wieder frei macht für das Hier und Jetzt, für den vernünftigen und, ja, anstrengenden Blick auf die Komplexität der technologischen und gesellschaftlichen Realität in der einen Welt. Jesus sagt im Johannesevangelium: In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden!

 

Das heißt: Christen können auf die Liebe Gottes und die Nähe Christi bauen – und ihre Angst in der Welt deshalb besser aushalten. Dabei bestimmen Nächstenliebe und die Liebe Gottes ihr vernünftiges Handeln – diese Welt ist ihnen nicht egal. Ihre Angst ist die Angst um die Welt und ihre Mitmenschen – weil Gott dem Menschen die Schöpfung anvertraut hat, sie zu hüten und zu bewahren.

 

 

Es gilt das gesprochene Wort.

13.12.2018
Thomas Dörken-Kucharz