Dreamteam

Morgenandacht
Dreamteam
22.06.2020 - 06:35
07.05.2020
Holger Treutmann
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16 Stunden 50 Minuten. Das ist der Rekord; jedenfalls bei uns hier in Deutschland, mit kleinen Schwankungen zwischen dem Norden in Cuxhaven und dem Süden in Berchtesgaden. 16 Stunden und 50 Minuten dauert der längste Tag im Jahr. Dann ist Sommersonnenwende. So weit links am Horizont geht die Sonne sonst nie auf, und so weit rechts wird sie nie wieder untergehen in diesem Jahr. Es liegt an der Neigung der Erdachse. Sie steht nicht im rechten Winkel zur Umlaufbahn um die Sonne, sondern ist um 23,5° geneigt. So ist im Lauf des Jahres mal der Süden, mal der Norden der Sonne ein wenig näher.

 

„Jetzt geht’s wieder bergab“, pflegte mein Vater zu sagen. „Die Tage werden wieder kürzer“. Und das, obwohl der eigentliche Sommer mit seinen heißen Tagen, mit Jahresurlaub und Grillfest im Garten noch vor uns liegt. Was so ernüchternd klingt, ist sachlich richtig und vielleicht sogar lebensklug – auf der Höhe des Jahres schon an die Tiefe der dunklen Stunden zu denken. Mitten im Sommer also schon an den Dezember, in dem es morgens gar nicht hell werden will und es schon wieder dunkel ist, wenn man nachmittags von der Arbeit kommt.

 

Sommersonnenwende.

Die kirchliche Tradition hat diese Zeit im Juni Johannes dem Täufer gewidmet. Johannes, der biblische Mahner im Mantel aus Kamelhaar. Ein Asket, der sich von wildem Honig und Heuschrecken ernährte. Er rief zur Umkehr auf, ehe Jesus die Bühne der Weltgeschichte betrat; zur Wende weg von Selbstsicherheit und Unrecht, hin zu einem wahrhaftigen und gottgefälligen Lebenswandel. Als ginge es bergab, als würde alles schlechter auf der Welt, findet er harte Worte:

Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen.

Seht zu, bringt rechtschaffende Frucht der Buße!

Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt!

Darum: Jeder Baum, der nicht gute Frucht bringt,

wird abgehauen und ins Feuer geworfen. (Mt 3)

 

So sprach er und reinigte Menschen symbolisch durch rituelle Tauchbäder. Später entstand daraus im Christentum die Taufe.

 

In Krisenzeiten kommen solche Gedanken automatisch auf. Will die Corona-Pandemie auch Zeichen sein? Aufruf, umzukehren von einem Lebensstil, der unfair ist und die Welt verwüstet? Wie schnell doch alles instabil wird. Die Gesundheit, die Wirtschaft, die Möglichkeiten der Selbstversorgung und Begegnung zwischen Menschen über große Entfernungen hinweg.

 

Johannes, der Mahner gerade dann, wenn es licht ist und alles grünt und blüht in der Natur auf der einen Seite - und Jesus, der Tröster, ja Retter aus Dunkelheit und Tod; der neues Leben schafft, über Finsternis, Chaos und Ungewissheit hinaus.

 

Jesus und Johannes. Sie sind ein gutes Team. Good guy und bad guy, zum Wohl der Menschen. Ein Dreamteam, weil sie sich in ihrer Botschaft nicht nur ergänzen, sondern weil sie beide erfüllt sind vom Traum einer besseren Welt.

 

Die Geburtsgeschichten des Lukasevangeliums fädeln diese Bezogenheit beider zum Heil der Welt schon früh ein. Die spät schwangere Elisabeth besucht ihre Verwandte, die junge Frau Maria. Die eine mit Jesus unter dem Herzen, die andere mit Johannes. Sechs Monate nachdem Elisabeth den Johannes gebiert, kommt auch Maria mit Jesus nieder, im Stall von Bethlehem. Sechs Monate sind es im Jahr, von der Sommersonnenwende zur Wintersonnenwende. Astronomische Analogie in den Geburten der Kinder, die die Polarität des Heils für diese Welt verkörpern.

 

Johannes verweist an die Erde. Damit seine Hörer in dieser Welt Gutes tun. Jesus verweist an den Himmel: Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes, so wird euch alles andere zufallen.

 

Jesus und Johannes. Himmel und Erde. Zwischen zwei Polen entsteht eine Spannung. Sie ist fruchtbar, weil sie Gestaltungsräume eröffnet. Wer sich für diese Welt stark macht und praktische Hilfe leistet, der tut zugleich etwas für das ewige Heil im Himmel. Und wer sich in Gebet und Glauben dem Ewigen zuwendet, der befördert die Heilung des Lebens auch hier und heute.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

07.05.2020
Holger Treutmann