Segen vom Roboter?

Morgenandacht
Segen vom Roboter?
29.06.2017 - 06:35
26.06.2017
Pfarrer Stephan Krebs

„God bless you“ – Gott segne euch. Im englisch-sprachigen Raum ist das eine oft genutzte, geradezu alltägliche Redewendung. Auch Musiker und Politiker sprechen gerne ein „God bless you“, kurz bevor sie von der Bühne gehen. In deutschen Landen ist man mit derlei frommen Worten etwas zurückhaltender. Aber auch hierzulande sehnen sich viele nach Segen. Gesegnet sein, ein Segen sein. Damit verbinden viele die Hoffnung auf die gute Kraft Gottes, die einem hilft, die einen stärkt und beschützt.

 

In jedem Gottesdienst spricht jemand einen Segen. In vielen Hausfluren hängt ein Segenswort an der Wand. Aber: Kann auch ein Roboter segnen? Das fragt die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau derzeit auf der Weltausstellung der Reformation in Wittenberg. Dort hat sie den Segensroboter BlessU 2 aufgestellt. Der fragt Passanten, ob er sie segnen kann. Wenn sie per Knopfdruck auf einem Display zustimmen, spricht ihnen der Roboter einen Segen zu. Anschließend druckt er ihn auch gleich aus - zum Mitnehmen.

 

Segen vom Roboter? Das ist eine merkwürdige Vorstellung. Und das soll es auch sein, denn BlessU2 soll provozieren. Wir müssen uns mit Robotern und künstlicher Intelligenz immer mehr beschäftigen. In der industriellen Produktion hat der Kollege Roboter ja schon seit vielen Jahren Einzug gehalten. Inzwischen wird intensiv an Robotern für den heimischen Bereich gearbeitet. Etwa für die Pflege. Ein strittiges Thema, wenn Roboter bald die Pflege präzise, willig und zu jeder Tages- und Nachtzeit erledigen. Sie werden das vermutlich so gut machen, dass man sich an sie gewöhnen kann. Vielleicht sogar lieb gewinnen.

 

Die Sehnsucht nach Nähe, nach Vertrauen steckt in jedem Menschen. Aber sie beschränkt sich offenbar nicht nur auf Menschen, sie kann sich auch an Tiere oder gar an Maschinen richten. Schon heute treibt das absonderlich anmutende Blüten. Da gibt es Roboter-Babys, die sich anfühlen wie echt, die sich äußern wie echt und auch wie echt gepflegt werden wollen. Und es gibt Menschen, die sie im Kinderwagen herumfahren. Eine ältere Dame, die das tut, sagte: „Seitdem werde ich angesprochen und komme ins Gespräch. Vorher war ich allein.“ Schon ist ein Sinn in diesem Roboterbaby zu erkennen, wenn auch ein trauriger.

 

Roboter kann man sich auch im Bildungsbereich vorstellen, etwa als geduldige und ausdauernde Lehrer. Auf manchen Kreuzfahrtschiffen können sich Neuankömmlinge inzwischen aussuchen, ob sie lieber von einem Menschen oder von einem Roboter begrüßt und eingewiesen werden wollen. Mancher wendet sich da lieber an einen Roboter…

 

Warum nicht auch für einen Segen? Braucht es dafür unbedingt den Menschen?

 

Die Bibel eröffnet beim Segen einigen Spielraum. Der erste dort erwähnte Segen gilt der Schöpfung insgesamt. Dann und danach zumeist den Menschen. Oft wird der Segen ausgesprochen, natürlich von Menschen, denn Roboter konnte man sich damals noch nicht vorstellen. Manchmal wird der Segen aber auch gar nicht ausgesprochen, sondern einfach vollstreckt. Denn eines ist klar: Die Kraft des Segens steckt nicht in den Worten. Der Segen ist keine Zauberformel. Die Kraft des Segens steckt auch nicht in dem, der ihn ausspricht. Denn diese Kraft hat weder ein Mensch, noch ein Stück Papier an der Wand, noch ein Roboter. Sie alle können nur Gott um Segen bitten. Ob dieser dann wirkt, schützt und stärkt, ist allein Gottes Sache.

 

Was heißt das für den Roboter: Kann er segnen? Kann man sich daran gewöhnen? Oder will man das gar nicht! Probieren Sie es aus. Die Installation „BlessU2“ steht in Wittenberg. Dort findet bis Mitte September die Weltausstellung der Reformation statt. Die ganze Stadt ist derzeit ein interessanter Erlebnis-Parcours, denn dort, in der Lutherstadt Wittenberg, begann vor 500 Jahren die Reformation. Sie erneuerte das Nachdenken über Gott und auch über den Segen.

 

In dieser Tradition erinnert der Segensroboter BlessU2: Wenn ihr die Zukunft mithilfe von Robotern plant, vergesst nicht, dass Menschen sich nach dem Segen Gottes sehnen und ihn auch brauchen.

26.06.2017
Pfarrer Stephan Krebs