Silas und das Lob auf die Leute in der zweiten Reihe

Morgenandacht
Silas und das Lob auf die Leute in der zweiten Reihe
26.01.2016 - 06:35
27.12.2015
Pfarrer Stephan Krebs

Der römische Imperator Julius Cäsar eroberte Gallien. Und über Bundeskanzlerin Angela Merkel wird man später vielleicht einmal sagen: Sie hat die Flüchtlingskrise gemeistert. So geht Geschichtsschreibung. Wir haben uns daran gewöhnt, nur auf die zu gucken, die ganz vorne stehen. Doch schon der kritische Schriftsteller Bert Brecht fragte spöttisch: „Cäsar schlug die Gallier. Ganz allein? Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich?“

 

Die Antwort muss lauten: Doch und noch viele mehr. Aber die stehen im Schatten der Geschichte und werden dort oft übersehen. Dabei würde ohne sie nichts gehen. Denn sie machen die Arbeit. Viele von ihnen bleiben sogar lieber im Hintergrund, denn sie stehen nicht gerne im Rampenlicht. Aber da gibt es etwas, das brauchen sie eben doch: Wertschätzung. Jemand soll sehen und würdigen, was sie tun.

 

Leute, die hinter jemandem im Schatten stehen, gibt es auch in der Bibel. Einen von ihnen will ich heute sichtbar machen, denn heute ist sein Namenstag: Silas. Silas ist ein angesehener Mann mittleren Alters, er lebt in Jerusalem und gehört dort zur ersten christlichen Gemeinde. Soweit, so normal. Doch dann erklärt er sich bereit, den Apostel Paulus zu begleiten, gewissermaßen sein persönlicher Referent zu werden. Und das gibt dem Leben des Silas eine ganz neue Richtung. Die Bibel beschreibt in der Apostelgeschichte ab dem 15. Kapitel, wie Silas mit dem umtriebigen Apostel Paulus auf Missionsreise geht. Ihr Ziel ist Europa. Dort wollen sie das Christentum verbreiten. Und das tun sie. Es wird eine Reise voller Höhen und Tiefen. Und gerade in der Tiefe werden sie zu einem Team auf Augenhöhe. Beide erfahren, wie stark sie ihr Glaube macht.

 

Dabei ist das Wörtchen Tiefe ganz wörtlich zu nehmen. Denn Silas und Paulus werden ins Gefängnis geworfen. In der griechischen Stadt Philippi. Dort sind sie den falschen Leuten in die Quere gekommen. Und die haben dafür gesorgt, dass die beiden einkerkert werden. Und zwar ganz unten, wo es immer dunkel und feucht ist. Dort hocken sie nun und müssten eigentlich um ihr Leben zittern. Doch das tun sie nicht. Stattdessen fangen sie an zu singen. Sie loben Gott, sie fokussieren auf das, was in ihrem Leben alleine zählt: Christus. Das macht sie stark. So singen sie sich frei von der Sorge um sich selbst, frei von der Ohnmacht gegenüber den Mächtigen. Mag sie ein Gefängnis umgeben. Sie sind dennoch frei. Frei, weil ihnen keine Mauer und keine verschlossene Tür das versperren kann, was für sie zählt: der innere Kontakt zu Christus, die Hoffnung auf ihn. Sei es im Leben oder sei es im Tod. Solus Christus – „nur Christus zählt“ – so wird später der Reformator Martin Luther diese innere Haltung beschreiben.

 

Die Welt reagiert darauf: Mit einem Erdbeben. Es ist, als ließe Gott seine Muskeln spielen um zu zeigen: „So viel Glaube rührt mich an. Da greife ich ein!“ Und so bröckeln die Mauern, die Türen springen auf und der Gefängniswärter öffnet den Gefangenen sein Herz und sein Haus. Paulus und Silas können gehen – als innerlich und äußerlich freie Menschen. Der inneren Freiheit ist die äußere wie zufällig gefolgt. Diese beiden Freiheiten sind nicht dasselbe, aber sie haben miteinander zu tun. Denn wer die innere Freiheit in sich trägt, der ist ein anderer Mensch. Und das merkt man ihm an. Silas, der Mann hinter Paulus, hatte diese Freiheit in seinem Glauben gefunden. Sie hat ihn stark genug gemacht, die Höhen und Tiefen seines Lebens zu bestehen.

 

Silas – heute ist sein Namenstag. Ein guter Anlass zu schauen: Wer steht eigentlich hinter mir? Und diesen Leuten dafür zu danken. Auch anders herum: Hinter wem stehe ich eigentlich? Und wird das gesehen? Vielleicht ermutigt dieser Tag auch die, die gerne im Hintergrund bleiben, sich einmal selbstbewusst zu zeigen. Stark – wie Silas.

 

Aber das wichtigste, was man von Silas lernen kann, das ist eine innere Haltung, ein Glauben, der stark macht, egal wo.

 

Bibelnachweis: Apg. 16,19ff

27.12.2015
Pfarrer Stephan Krebs