Hochmut hat viele Gesichter. Es gibt ihn als Arroganz, aber auch als Perfektionismus und Narzissmus. Er kann sich sogar in der moralischen Hochform verbergen.
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Reden wir über Sünde – wie wäre es mit der Sünde Hochmut? Die Sünde Hochmut hat viele Gesichter. Sie kann sich auch Überheblichkeit nennen, Eitelkeit, Dünkelhaftigkeit oder Arroganz. Sie versteht es, sich perfekt zu tarnen und im Gewand der Perfektion daherzukommen. Im Verbund mit Narzissmus hat sie das Potenzial, ganze Völker ins Verderben zu stürzen. Adolf Hitler ist das Beispiel eines hochmütigen Narzissten, der den Tod von Millionen Menschen zu verantworten hat.
Der Apostel Paulus hat zum Thema Hochmut gezeigt, dass sich diese Sünde sogar in der moralischen Hochform verbergen kann. Da Paulus ein kluger Mensch war, kann er sich selbst als Beispiel wählen. Er weiß als gelernter Pharisäer: Moral allein reicht nicht aus, um der Sünde zu widerstehen. Paulus sagt: "Wollen zum Guten habe ich wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht. Denn das Gute, das ich tun will, das tue ich nicht: sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich." Diese Erkenntnis des Paulus ist der Stachel im Fleisch aller Moralisten, die meinen, sich selbst und ihr Handeln in der Hand zu haben.
Eine Facette des Hochmuts ist der Narzissmus. Woran auch immer es liegen mag, dass jemand zum Narzissten wird: In der Folge ist dieser Mensch nicht in der Lage, andere aufrichtig zu lieben. Stattdessen steht er oder sie selbst im Zentrum des eigenen Lebens. Wenn dann jemand daherkommt wie der Apostel Paulus und den Stachel in die Blase stößt, ist man tödlich beleidigt.
Ein bisschen Narziss sind wir alle. Unser verliebter Blick auf uns selbst ist das Spiegelbild der liebevollen Blicke, mit denen, wenn es gut gelaufen ist, unsere Eltern die erste Phase unseres Lebens begleitet haben. Das ist lebensnotwendig und hilft uns, Zeiten zu überstehen, in denen uns aus dem Spiegel ein trauriger oder erschöpfter Mensch anschaut.
Wenn dieser liebevolle Blick am Anfang des Lebens fehlt, dann wachsen Menschen heran, die auch nicht die kleinste Kränkung ertragen können. Sie stehen unter dem ständigen Druck, von außen bestätigt zu werden. Nichts wäre schlimmer, als dass andere die Fassade durchschauen und die Schwächen der Hochmütigen entdecken könnten. So sind hochmütige Menschen im Grunde ängstliche, unsichere Wesen. Wenig tröstlich, wenn diese Menschen politische oder wirtschaftliche Macht haben.
Der Soziologe Andreas Reckwitz hat unserer Gesellschaft einen verhängnisvollen Hang zur Singularität bescheinigt. Das bedeutet: Menschen wollen stets etwas ganz Besonderes sein, und das soll immer und gefälligst von anderen bestätigt werden. Nach dieser Diagnose wären wir gerade eine Gesellschaft von Hochmütigen. Auch nicht gerade eine erfreuliche Vorstellung.
Beim Propheten Jeremia findet sich ein sehr schöner Spruch Gottes zum Thema Hochmut: So spricht der HERR: "Ein Weiser rühme sich nicht seiner Weisheit, ein Starker rühme sich nicht seiner Stärke, ein Reicher rühme sich nicht seines Reichtums. Sondern wer sich rühmen will, der rühme sich dessen, dass er klug sei und mich kenne."
Dieses Wort listet treffend das auf, worauf Menschen sich leicht etwas einbilden: Durchblick, Stärke, Reichtum. Interessant, dass das Rühmen dann nicht verboten, sondern in andere Bahnen gelenkt wird. Nämlich in Beziehungsbahnen, in eine Beziehung zu Gott, der, jedenfalls aus religiöser Perspektive, als einziger wirklich den Durchblick und die Macht hat und dem die Welt gehört.
Für mich sagt Gott mit diesem Spruch: Ich weiß, dass du ein schwaches Menschlein bist, das sich gerne hochmütig aufblähen will. Dann blähe dich halt auf. Aber blähe dich auf mit der Freude darüber, nicht allein zu sein in meiner Welt. Blähe dich auf mit dem Wissen, dass ich, Gott, dich kleines, sterbliches Menschenkind in mein Herz geschlossen habe.
Es gilt das gesprochene Wort.
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