Eine richtige Entdeckung machen, die zu Falschem führt. So ging es den biblischen Weisen aus dem Morgenland und einem modernen Wissenschaftler.
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Sie sind adventliche Menschen: Die Weisen aus dem Morgenland, die Sterndeuter. Sie müssen sich schon lange vor Weihnachten auf den Weg gemacht haben, um rechtzeitig bei dem neugeborenen König anzukommen, dessen Stern sie am Himmel gesehen haben. Rund 1000 Kilometer gilt es zu überwinden von ihrer Heimat bis nach Bethlehem.
Wobei noch ein Umweg dazukommt, weil sie den neugeborenen König erst in der Hauptstadt Jerusalem vermuten. So kommen sie irrtümlich zu König Herodes, einem machtbewussten Despoten. Der setzt sofort alle Hebel in Bewegung, um die Konkurrenz durch diesen neugeborenen König auszuschalten. Dieser Umweg hatte Konsequenzen. Es war für das Kind in Bethlehem letztlich lebensrettend, dass die Sternkundigen sich nicht von einem Mörder verführen ließen.
Das Richtige bei den Falschen suchen
Für mich stehen die Sterndeuter auch für die Umwege, die Menschen gehen. Manchmal, weil sie sich ihre klare Sicht trüben lassen, manchmal weil sie klarsichtig bleiben. Manchmal, weil sie das Richtige am falschen Ort oder beim falschen Menschen suchen.
Die Sterndeuter waren hochgeachtete Wissenschaftler in ihrer Zeit. Wer forscht kennt sich mit Umwegen aus und lässt sich auch von Rückschlägen nicht entmutigen.
Der menschenfreundlichen Haltung treu bleiben
Manchmal sind Forscher nicht nur wissenschaftlich, sondern auch politisch klarsichtig. Heute vor 86 Jahren, am 17. Dezember 1938, hat der Chemiker Otto Hahn gemeinsam mit seinem Assistenten die Kernspaltung des Uranatoms entdeckt. Das wurde zur Grundlage für die spätere wissenschaftliche und technologische Nutzung der Kernenergie. Ohne Durchhaltevermögen, ohne den Willen, auch Rückschläge auszuhalten, hätte Otto Hahn niemals diese bahnbrechende Entdeckung machen können.
Das war kurz vor dem Zweiten Weltkrieg. Die systematische Verfolgung jüdischen Lebens war im Gange. In dieser Zeit ging Otto Hahn nicht den Weg vieler anderer Wissenschaftler. Er orientierte sich nicht am selbsternannten Führer der Deutschen und dessen Ideologie. Er blieb seiner menschenfreundlichen Haltung treu. Otto Hahn rettete, gemeinsam mit seiner engagierten Frau Edith, viele jüdische Menschen. Beide haben dabei ihr Leben riskiert. Um der Menschlichkeit willen.
Mut in dunkelster Zeit
Menschenverachtende Führer wie König Herodes oder Adolf Hitler gehen über Leichen. So ist es bis heute. Otto Hahn war einer der wenigen, die damals andere, gefährliche Wege gewagt haben im Geist von Humanität und Redlichkeit. Ich weiß nicht, ob er Christ gewesen ist. Auf jeden Fall hat er im Sinne des Jesuskindes von Bethlehem Mut bewiesen in dunkelster Zeit. Übrigens: Nirgendwo wird berichtet, dass die biblischen Sterndeuter später Christen geworden sind. Sie folgen ihrem Stern und lassen sich auf lebensrettende Umwege ein. Darauf kommt es an.
Für seine Forschung hat Otto Hahn nach dem Krieg den Nobelpreis erhalten. Zugleich ist er in dieser Zeit fast am Leben verzweifelt, weil seine Forschung für die mörderische Entwicklung der Atombombe genutzt worden ist. Ganz gewiss hat er sich gefragt, ob er durch seinen wissenschaftlichen Erfolg die Welt auf tödliche Abwege gebracht hat. Konsequent hat er sich dann nach dem Krieg für den Frieden eingesetzt. Er ist dafür auch angefeindet worden. Wen wundert es.
Durchhaltevermögen
Nicht jeder Mensch ist ein herausragender Wissenschaftler. Das muss auch nicht sein. Die ersten, denen die Weihnachtsbotschaft verkündigt wird, sind Hirten gewesen. Ich glaube, es kommt auf die Leidenschaft an, die sich in voller Kraft entfaltet, wenn man sie mit kluger Menschlichkeit verbindet.
Ob ich auf der Suche nach einer chemischen Formel bin oder herausfinden will, unter welchen Bedingungen Schafe die beste Wolle bekommen, oder eine Idee für ein Startup habe: Mit Energie und Durchhaltevermögen schaffe ich den Weg.
Die Schöpfung im Blick haben
Doch das allein reicht nicht, weder für wissenschaftliche Sternstunden noch für ein erfülltes Leben. Mir scheint, wahrhaftig entfaltet sich Leben dann, wenn ich in aller Energie und Leidenschaft die Menschen mit im Blick habe, oder besser noch: alle Geschöpfe und die gesamte Schöpfung mit dazu. Wenn ich mir auf meinem Weg eine Haltung bewahre und den Mut, im Notfall im Sinne der Menschlichkeit Umwege zu gehen. In dieser Kombination ist Leben riskant. Aber erfüllend und – oft genug – sehr beglückend.
Es gilt das gesprochene Wort.
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