Tethered Caps

Morgenandacht

Gemeinfrei via unsplash/ Mark Harpur

Tethered Caps
Morgenandacht von Pfarrer Holger Treutmann
08.06.2024 - 06:35
25.03.2024
Pfarrer Holger Treutmann
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Tethered Caps – so heißen die neuen Deckel, die seit einigen Monaten auf Plastikflaschen zu finden sind. Manche nennen sie „Lass-mich-dran-Deckel“. Ich würde sie gern „verbundene Hüte“ nennen.

Es geht darum, die Umwelt zu schützen. Am 1. Juli tritt eine EU-Verordnung in Kraft, die vorschreibt, dass jede Plastikflasche und Getränkepackung einen mit dem Korpus verbundenen Deckel haben muss, der nicht so einfach entfernt werden kann. Zählungen haben ergeben, dass auf 100 Meter Nordseestrand mehr als 40 solcher Deckel gefunden wurden. Zusammen mit vielen anderen Wertstoffen verschmutzen sie die Meere weltweit. Die kleinen Kunststoffteile halten sich über Jahrzehnte und werden in Microplastik zerrieben. Das wiederum gelangt in die Nahrungskette und schädigt viele Lebewesen, irgendwann auch den Menschen.

Es wird heftig gestritten, wie effizient diese Form von Müllvermeidung ist. Das Recycling-Verfahren für Plastikflaschen in Deutschland ist hoch effizient. Die Rückgabequote liegt auch wegen des Pfands schon bei über 90 Prozent. Und nur selten fehlen die Deckel zu den Flaschen, sagt die Getränkeindustrie. Tethered Caps. Schwachsinn, sagen die einen. Umweltschützer aber begrüßen jede Maßnahme, die die Kreislaufwirtschaft der Wertstoffe befördert.

Heute ist der UNO-Welttag der Ozeane. Wie reich das Leben unter der Wasseroberfläche der Meere ist, wird immer deutlicher. Das Meer galt in der Kulturgeschichte lange als Chaosmacht, auch in der Bibel, als Ende der Welt und als Bedrohung. Gleichzeitig gehören die Lebewesen im Wasser zu den ersten Geschöpfen Gottes. Wahrscheinlich speichert sich hier das Wissen, dass alles Leben aus dem Wasser kommt, dass es ohne Wasser kein Leben gibt. Unumstritten ist, dass der Plastikmüll in den Meeren eine große Gefahr darstellt. Die Meere dürfen nicht länger als Müllkippe missbraucht werden.

Tethered Caps – verbundene Hüte. Die biblische Tradition versteht den Menschen als Hüter der Welt. Gott erschafft ihn und gibt ihm den Auftrag, die Schöpfung zu nutzen und zu bewahren. An keiner Stelle in den Schöpfungserzählungen ist davon die Rede, dass der Mensch Krone der Schöpfung sei. Er wird zwar als Letzter erschaffen. Es kommt seine besondere Stellung zum Ausdruck, wenn gesagt wird, er möge Ebenbild Gottes sein. Seine Einzigartigkeit aber lässt sich nur im Blick auf die besondere Verantwortung festmachen. Er soll bewahren, was so kostbar geschaffen ist, und über Mächte der Vernichtung herrschen.

Hüter des Lebens sollen die Menschen sein, nicht Krone der Schöpfung. Gott krönt den Menschen mit Gnade und Barmherzigkeit, heißt es in einem Psalm. Er krönt ihn nicht zum Alleinherrscher. Viel zu sehr hat sich die Menschheit daran gewöhnt, zu meinen, sie gehörte gar nicht zum Tier- oder Pflanzenreich, sondern wäre berechtigt, andere Lebewesen auszunutzen oder gar auszurotten. Der Mensch versteht sich nicht mehr als Teil Gottes guter Schöpfung und hebt ab.

Nun gibt es Kronkorken und Tethered Caps. Wie wäre es, wenn wir unser Menschsein künftig wieder untrennbar mit der Fülle der Schöpfung verbinden, meinethalben ganz oben wie der Deckel auf einer Flasche; als hochdifferenziertes Wesen, aber fester Bestandteil eines Systems, das nur als Ganzes bestehen oder vergehen wird. Verbundene Hüte, verbundene Hüter in der Gemeinschaft aller Lebewesen, die von Gottes großer Weisheit zeugen.

Wie wäre es, wenn wir erfindungsreich neue Verpackungsformen entwickeln und schon von Anfang an nachhaltige Behältnisse nutzen? Der älteste Tethered Cap ist der Bügelverschluss an der Bierflasche. Bis zu 15 Mal kann so eine Flasche wieder befüllt werden, ehe Glas und Einzelteile recycelt werden. Und der Plopp, das kleine Feuerwerk vor dem Trinkgenuss ist allein schon eine Attraktion gelingender Kreislaufwirtschaft.

Es gilt das gesprochene Wort.

 

25.03.2024
Pfarrer Holger Treutmann