Winterzauber?

Morgenandacht

Gemeinfrei via Unsplash/ Diogo Palhais

Winterzauber?
21.12.2022 - 06:35
29.07.2022
Matthias Viertel
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Nun haben wir auch hier in Kassel einen „Wintertraum“ – einen Weihnachtsmarkt, der einen anderen Namen hat, weil er nicht so christlich sein soll. Der Trend ist unübersehbar: Die christliche Bedeutung des Weihnachtsfestes wird immer weiter in den Hintergrund gerückt. Weihnachten findet nicht mehr in der Krippe statt, sondern an den Glühweinbuden der Märkte. Das Geschäft in der Weihnachtszeit soll nicht durch allzu christliche Botschaften eingeschränkt werden. Auch in den Kaufhäusern und Discountern nicht, in den USA floriert das Geschäft mit der „German Winternacht“, die Marzipan, Schokolade und Spekulatius auf den Markt bringt. Die Weihnachtsmärkte in Berlin haben längst neue Namen bekommen, sie heißen „Wintermarkt“ oder „Winterzauber“ – bloß kein Christkind, nur ja keine religiöse Aussage!

Das Ergebnis dieses Trends verblüfft kaum, und er ist nicht folgenlos. Inzwischen kennt längst nicht mehr jedes Kind die Weihnachtsgeschichte. Eine Umfrage stellt fest: 39 Prozent der Kinder wissen nicht mehr, warum Weihnachten gefeiert wird, mancherorts sogar mehr als die Hälfte. (1)

Weihnachten wird als Lichterfest wahrgenommen, als Familienfest, aber was das mit der Geburt Jesu und mit einem Stall und Hirten zu tun hat, bleibt vielen ein Rätsel. Aber geht das wirklich? Ich meine: Weihnachten ohne Christus? Ein Heiliger Abend ohne Evangelium?

Es ist erwartbar, dass ich als evangelischer Pfarrer so frage. Aber möglicherweise liegt diesem Trend auch ein Irrtum zugrunde; nämlich die Annahme, man könne sozusagen ein Weihnachten für alle bekommen, wenn man die christlichen Wurzeln beseitigt. Dazu wird immer wieder mit dem Hinweis argumentiert, dass Weihnachten ursprünglich ja gar kein biblisches Fest gewesen sein soll. Vielmehr hätte es sich um ein römisches Fest gehandelt, bei dem das Volk dem Sonnengott huldigte. Die Christen hätten dieses Fest des unbesiegbaren Sonnengottes nur übernommen. Wieder andere weisen auf das heidnische Julfest zur Wintersonnenwende hin und kommen zu dem Schluss, Weihnachten sei im Kern etwas Heidnisches.

Das alles stimmt zwar zum Teil, wenigstens was die Wahl des Termins betrifft oder einzelne Traditionen wie den Tannenbaum. Aber es stimmt auch nicht, weil mit Weihnachten eben kein altes heidnisches Fest übernommen worden ist.

Als sich im 4. Jahrhundert in den christlichen Gemeinden die Tradition herausbildete, den Geburtstag Christi zu feiern, bot sich das Licht als Symbol an. Aber schon lange war klar, Christus ist das Licht der Welt. Das schreibt schon der Evangelist Johannes. Der römische Sonnengott Sol war relativ unbedeutend, in den mythologischen Geschichten wird er gar nicht erwähnt. Ein richtiges Fest, das die frühen Christen hätten übernehmen können, gab es für ihn schon gar nicht. Wichtig war vielmehr, dass sich der römische Kaiser mit dem Sonnenzeichen schmückte und andere Religionen wie der Kult des Mithras es auch kannten. Kurzum: Von der Übernahme eines Festes durch die Christen kann nicht die Rede sein. Es sind lediglich einzelne Elemente und lokale Traditionen, die Eingang fanden.

Das Fest, das in der Nacht vor dem 25. Dezember gefeiert wird, ist von Anfang an an das Christkind gebunden. Es ergibt einen Sinn mit dem Glauben: dort in der Krippe ist der Messias geboren. Wenn das heute gerne kaschiert wird, hat das verschiedene, nicht nur kommerzielle Motive. Verbreitet ist auch die Annahme, Menschen mit einem anderen Glauben würden ausgeschlossen, wenn das Fest religiös geprägt ist. Genau da ist es bei der Geburt Christi aber wie auch bei anderen Geburtstagen: Ich werde gern von guten Nachbarinnen und Freunden eingeladen, gemeinsam mit ihnen zu feiern. Warum nicht auch in der Glühweinbude darüber reden, warum die zur Weihnachtszeit mitten in der Stadt steht. Und der Winterzauber mit einem Kind begonnen hat, vor rund 2000 Jahren in einer Krippe im Stall.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

 

Literatur dieser Sendung:

  1. https://www.deutschlandfunkkultur.de/religionswissenschaftler-ueber-weihnachten-kein-biblisches-100.html

           https://www.merkur.de/verbraucher/aldi-usa-winternacht-weihnachten-spekulatius-lebkuchen-dominosteine-germany- deutschland-zr-13240528.html

           https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/studie-weihnachten-als-todestag-des-weihnachtsmannes-181160.html

 

29.07.2022
Matthias Viertel