Gott loben

Wort zum Tage
Gott loben
27.07.2021 - 06:20
22.07.2021
Diederich Lüken
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Am Tag vor der Klavierstunde forderte ich meinen Sohn auf, mir das ihm aufgegebene Klavier-stück vorzuspielen. Dazu muss man wissen, dass meine Kinder damals ihren Klavierlehrer lieb-ten und die Unterrichtsstunden kaum abwarten konnten. Was mir mein Sohn indessen vor-spielte, ist mit dem Wort Schrott ganz gut beschrieben.  „So, du hast also die ganze Woche nicht geübt, du darfst morgen nicht zum Klavierunterricht.“ Er antwortete aufgebracht: „Das kannst du mir nicht antun!“ Ich darauf: „Das kann ich sehr wohl. Ich werfe doch nicht mein Geld für eine nutzlose Klavierstunde aus dem Fenster, nur weil mein Herr Sohn es nicht für nötig befunden hat, sich ordentlich darauf vorzubereiten.“ Nach diesen Worten verließ mein Sohn wütend das Klavier und verschwand türenschlagend in seinem Zimmer. Ich harrte der Dinge, die da kommen sollten. Richtig, am folgenden Tag hörte ich fünf Minuten vor der Ab-fahrt zum Klavierunterricht, wie jemand die Treppe polternd herunterstampfte. Mit grimmi-ger Miene setzte sich mein Sohn ans Klavier und spielte mir sein Übungsstück vor, etwas laut, aber fehlerfrei. Ich sagte: „So, jetzt darfst du zum Klavierunterricht. Das hast du ganz toll gemacht.“ Er errötete etwas über das Lob, das ich ihm gezollt hatte. Von nun an war er im-mer gut vorbereitet, jedenfalls soweit ich es mitbekommen habe. Ich bin überzeugt, das Lob hat ihn dazu mehr motiviert als die Scheltrede. Wir Menschen brauchen Lob, um uns weiter-zuentwickeln. Nun werden Christen unaufhörlich dazu aufgefordert, Gott zu loben. Das mutet befremdlich an. Ist denn Gott nicht viel mehr als ein Klavierschüler, der sein Pensum nicht geübt hat? Ist Gott etwa abhängig davon, dass die Menschen ihn loben? Braucht Gott solch eine Motivation? Zweifellos: Gott braucht unser Lob nicht. Doch im Loben Gottes vergegen-wärtige ich mir, wie groß der Abstand zwischen ihm und mir ist. Mir wird bewusst, wie be-dingt meine Existenz ist, wie endlich und wie gefährdet. Und ich akzeptiere meine Abhängig-keit von dem, der die Welt und damit auch mich geschaffen hat. Indem wir Menschen das im Lob Gottes anerkennen, geschieht das Unerwartete, dass er uns aus dem Staub der Vergäng-lichkeit erhebt und uns Anteil an seiner Größe gibt. Danach sehnen sich viele. Das Lob Gottes stillt diese Sehnsucht. Der Kirchenlehrer Augustinus wendet sich hin zu Gott mit den Worten: „Es ist dein Antrieb, dass dich zu loben erquickt, weil du uns zu dir hin erschaffen hast, und unser Herz kommt nicht zur Ruhe, bis es ruht in dir.

Es gilt das gesprochene Wort.

22.07.2021
Diederich Lüken