Kindergartenleiterin

Wort zum Tage
Kindergartenleiterin
24.06.2015 - 06:23
31.03.2015
Pfarrer Ralph Frieling

Das blonde Mädchen erinnert sich gerne an ihren alten Kindergarten. Vor allem, weil sie draußen mit dem Wasser gespielt haben. Zu lernen gab es auch etwas, ein bisschen Englisch und Buchstaben schreiben und Lieder und Geschichten, auch über die Kirche. Eine der Erzieherinnen, hatte die Spaghetti auf dem Teller immer mit einem Becher klein gemacht. Und Anja hat mit den Kindern nachmittags gebacken, zum Beispiel Apfelringe.

 

Das macht Anja auch heute noch. Sie leitet zwei Kindertageseinrichtungen bei uns und im Nachbardorf. Sie und ihre Kolleginnen sind überzeugt: Die Kinder finden Spaß am Spielen und Lernen, wenn sie ernst genommen werden. Wenn sie sich angenommen fühlen, wie sie sind. Dann gewinnen sie Vertrauen. Und nur in einer vertrauenswürdigen und positiven Atmosphäre können sich die Kinder gut entwickeln.

 

Für Anja stand schon während ihrer Ausbildung vor 30 Jahren fest: Die religiöse Erziehung gehört dazu. Für sie ist Religiosität ein Teil des Menschen. Deshalb fing sie in einer kirchlichen Einrichtung an. Im Kindergarten kommen die meisten Kinder zum ersten Mal mit biblischen Erzählungen und Traditionen in Berührung. Einmal sagten ihr Eltern mit einem Lachen: „Sie sind schuld daran, dass sich unser Kind unbedingt taufen lassen wollte.“ Das mit dem Glauben ist nichts Aufgesetztes. „Wir leben den Glauben einfach“, sagt Anja. „Zum Beispiel im Morgenkreis, wo wir beten, oder überhaupt im Umgang miteinander, im Respekt – und am Donnerstagmorgen, wenn wir mit Biegepuppen und bunten Tüchern eine biblische Geschichte erzählen. Denn diese Geschichten kann man auf heute beziehen.“

 

Zum Beispiel die hier: Einmal brachten Eltern ihre Kinder zu Jesus. Er sollte sie segnen. Die Jünger wiesen sie ab: „Belästigt Jesus nicht. Ihr seht doch, er ist mit Predigen beschäftigt. Die Kleinen schreien und verstehen doch sowieso nichts.“ Jesus aber sagte: „Lasst die Kinder zu mir kommen. Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der kommt nicht hinein.“ Und Jesus schloss die Kinder in die Arme, legte die Hände auf sie und segnete sie. (Markus 10,13-16)

 

Was haben Kinder Erwachsenen voraus? Es wird das Vertrauen sein, die Unbefangenheit und Freude, mit der sich Kinder neuen Erfahrungen öffnen können. Uns Erwachsenen fällt das schwer. Wir sind misstrauisch geworden, sind vielleicht zu oft vor den Kopf gestoßen worden. Als versierte Realisten trauen wir natürlich nicht jedem. Einem könnt ihr immer trauen, höre ich Jesus sagen – am besten so wie ein Kind.

 

Natürlich sind die Tage im Kindergarten oft anstrengend. Die Aufgaben sind intensiver geworden, was den Bildungsauftrag und den Betreuungsumfang angeht. Was, wenn eine Erzieherin wegen Krankheit ausfällt, 20 Anrufe kommen und gleich noch zwei Termine anstehen? Was Anja und ihren Kolleginnen Kraft gibt, sagt sie, sind die Kinder selbst. „Ich schau in ihre Augen, die sind fröhlich, die sind voll Vertrauen. Und dann weiß ich, ich bin genau richtig hier.“

31.03.2015
Pfarrer Ralph Frieling