Menschenliebe ist Gottesnähe

Wort zum Tage
Menschenliebe ist Gottesnähe
03.06.2019 - 06:20
28.02.2019
Autor des Textes: Michael Becker
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Sein Bauch war beeindruckend. Der Schauspieler Günter Strack würde heute neunzig Jahre alt. Gestorben ist er, da war er knapp siebzig. Vielen ist er noch vertraut aus den Fernsehserien „Diese Drombuschs“ und „Ein Fall für zwei“. Rennen und Hetzen war seine Sache nicht, kein Wunder bei dem Umfang. Aber liebevoll zugewandt sein, das konnte er. Verschmitzt lachen konnte er auch. Und gerne Essen erst Recht. Das alles machte ihn liebenswert und brachte ihm den Ehrentitel „Volksschauspieler“ ein.

Die besten Schauspieler sind oft „Volksschauspieler“. Die spielen dann selten Kaiser oder Intriganten, sondern eher kleine Leute. Bei den Drombuschs ist das so. Onkel Ludwig hat ein Herz, das er gerne verschenken will. Aber Vera will nicht. Sie will einen anderen. Da tut Ludwig das Herz weh. Und was macht er? Er schenkt seine Liebe dem unscheinbaren, gehörlosen „Yvonnsche“. Er gibt auf sie Acht, beschützt sie; kann sie verstehen und sie ihn. Kleine Liebe neben der großen Bühne, könnte man sagen. Das ist oft schöner als unter den Schweinwerfern. Und geht doch tief. Ich bin überzeugt, Günter Strack konnte das spielen, weil es in ihm war. Weil er ein Herz hatte für kleine Leute und sich nicht zu schade war für Rollen, die nicht den großen Ruhm bringen. Ihm aber doch.

Vielleicht wegen seines Herzens. Der Mann mit dem mächtigen Umfang wurde nicht nur geachtet, er wurde geliebt. Wegen seiner Menschenliebe. Das ist ja Gottesnähe: Wenn man Menschen achtet. Man muss nicht richtig finden, was sie tun. Man kann sogar schlecht finden, was sie tun. Aber achten soll man sie. Sonst wird nie etwas besser. Bevor ich einen Menschen verändern kann, muss ich anerkennen, wie er ist. Nicht gut finden, aber anerkennen. Möglichst zugewandt. Menschenliebe ist Gottesnähe. Egal, ob auf der Bühne oder im Leben. Und wenn ein Mensch dann auch noch die Schwächen der anderen kennt und selber schwächelt, ist es umso glaubwürdiger. Günter Strack aß gerne. Und rieb manchmal mit der Hand über seinen Bauch, schaute verschmitzt und sagte: Man gönnt sich ja sonst nichts. Da ist ein Stück Eigenliebe. Die darf sein, wenn die Menschenliebe groß ist. Und die Gottesnähe.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

28.02.2019
Autor des Textes: Michael Becker