Mit dem Drachen ringen

Wort zum Tage
Mit dem Drachen ringen
11.09.2019 - 06:20
13.06.2019
Ulrike Greim
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11. September. Nine/eleven. Zwei Hochhäuser, ein Flugzeug, eine Explosion, Rauch.

Dann wieder ein Flugzeug, der andere Turm des Word Trade Center. Rauch.

Die Kameras halten darauf. Weltweit verfolgen es Millionen live. Schauer. Entsetzen, es ist zum Fürchten.

Etwas später stürzt auch ins Pentagon ein Flugzeug. Und auch bei Pittsburgh, vermutetes Ziel: das Weiße Haus. Am Ende: viele Trümmer, fast 3000 Menschenleben: ausgelöscht. Alle sind fassungslos, keiner hat Antworten. Es bleiben bohrende Fragen.

Nichts ist menschlicher, als der Ruf nach Rache. Und nichts unproduktiver. Der Ruf nach rascher Aufklärung – klar; und der nach Vergeltung – er hat Kriege ausgelöst.

Der Wunsch, es regeln zu können. Es überhaupt zu verstehen. Es war der Gedanke, dass eine riesige Katastrophe auch eine riesige Ursache haben muss. Einen monströsen Gegner, der nun alle Kraft von uns braucht.

Die Ansage, es sind fanatische Islamisten gewesen, scheint nicht zu reichen. Der Drache muss größer sein. Der Islamische Staat? Oder ist es nicht viel schlimmer und es war die CIA?

Die Verschwörungstheorien um den 11.9. schießen bereits kurz nach der Katastrophe rasant ins Kraut. Die Verkaufszahlen der entsprechenden Bücher wachsen schneller, als der Baum Erkenntnis. Es ist verblüffend, wie schnell sich unser Herz mit Angst füttern lässt.

Die Wolke der Furcht ist millionenfach größer, als die Staubwolke um die Zwillingstürme.

Der Teppich der Angst wächst rasch und legt sich auf viele Teile der Welt.

Wie so oft bei Katastrophen kommt reflexhaft der Blick auf die möglichen Täter. Weniger der auf die Opfer.

Es ist das uralte Bedürfnis, das Böse im Kern zu erkennen, es beim Namen nennen und töten zu können. Der naive Wunsch, des bösen Tiers habhaft zu werden.

Die ersten Christen zeigen Heilige als Drachentöter: Georg zum Beispiel. Auch Michael. Sie kämpfen mit der Bestie und erlösen von dem Bösen.

Immer neu funktioniert dieser Heldenmythos, x-fach verfilmt im Hollywood-Blockbuster. Immer neue Opfer fordert er.

Führe uns zur Erkenntnis des Bösen – ist ein hehrer Wunsch. Aber er führt so rasend schnell in die Finsternis. Der Focus ist kontraproduktiv.

Immer ist jetzt die beste Zeit langsamer zu werden. Besser zu atmen. Still zu werden. Das Ziel verändert uns. Es ist möglich, den Fokus zu ändern. Das Licht zu suchen. Das macht konstruktiv. Zu suchen, was jetzt das Gute ist.

Ich entscheide, worauf ich mich fokussiere.

So bitte ich heute Gott: Führe uns zur Erkenntnis des Guten. Und steh uns bei, das Böse mit Gutem zu überwinden.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

13.06.2019
Ulrike Greim