Wort zum Tage 06. 01.

Wort zum Tage
Wort zum Tage 06. 01.
06.01.2016 - 06:23
05.01.2016
Pastor Diederich Lüken

Heute ist ein Feiertag, und zwar in Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen. Gefeiert werden die drei Könige Caspar, Melchior und Balthasar. In den katholischen Orten gehen Kinder von Haus zu Haus, führen einen Stern vor sich her und sammeln Spenden für einen guten, das heißt im weitesten Sinn kirchlichen Zweck. Die Anfangsbuchstaben werden mit geweihter Kreide an den oberen Balken der Haustür geschrieben: CMB, Caspar, Melchior und Balthasar. Dieser ganze Brauch leitet sich scheinbar aus der Weihnachtsgeschichte des Evangelisten Matthäus her. Dort besuchen Ausländer den neugeborenen Jesus und beschenken ihn mit wertvollen Gaben; Gold, Weihrauch und Myrrhe haben sie ihm mitgebracht. Das Problem ist nur: Die Quelle schweigt sich aus über die Anzahl der Männer; auch die Namen werden nicht genannt. Dort sind es auch keine Könige, sondern Weise, also Gelehrte, wohl als Astrologen zu denken. Denn sie suchen den Neugeborenen aufgrund einer Erscheinung am Sternenhimmel auf. Ein neuer Stern ist aufgegangen; und da er von nie gesehener Leuchtkraft ist, muss er ihrer Meinung nach wohl die Geburt eines Königs anzeigen. Wie aus den Weisen drei Könige geworden sind, ist eine spannende Geschichte. Die frühen Ausleger der neutestamentlichen Überlieferungen suchten ständig nach Parallelen zur Geburt und zum Geschick Jesu im Alten Testament. Es gehörte zu den nicht hinterfragbaren Überzeugungen dieser Theologen, dass das Auftreten Jesu in allen Einzelheiten in der Bibel der Juden vorhergesagt worden sei. Man fand aber die Weisen nicht, sondern stattdessen Könige. In einem Psalm, dem biblischen Gesangbuch der Juden, fanden sie folgende Aussage: "Die Könige von Tarsis und auf den Inseln sollen Geschenke bringen, die Könige aus Saba und Seba sollen Gaben senden" (Psalm 72, 10). Andere Bibelstellen verfestigten dieses Befund, so dass bald festzustehen schien: Es waren Könige, die sich vor dem Kind in der Krippe verbeugten. Aus der Anzahl der Geschenke erschloss man die Anzahl der Besucher. Und schon hatte man sie, die drei Könige. Fehlten nur noch die Namen. Sie wurden im 6. Jahrhundert hinzugefügt. In protestantischen Regionen fanden Beruf, Namen und Brauchtum der Weisen aus dem Morgenland ein schnelles Ende, weil Martin Luther die Könige in der Bibel nicht fand und daher ablehnte. In den evangelischen Kirchen wird wurde stattdessen das Fest Epiphanias gefeiert, zu deutsch: Das Erscheinungsfest. Damit ist gemeint, dass in Jesus Christus Gott unter uns Menschen erscheint, menschliche Gestalt annimmt und menschliches Schicksal teilt und wendet. Das allerdings ist des wohl des Feierns wert, gleich, in welcher Kirche man gerade zu Hause ist.

05.01.2016
Pastor Diederich Lüken