Wort zum Tage 08. 01.

Wort zum Tage
Wort zum Tage 08. 01.
08.01.2016 - 06:23
08.01.2016
Pastor Diederich Lüken

Ich war unterwegs mit einem Musiker, mit dem zusammen ich literarisch-musikalische Programme gestaltete. Er hatte keinen direkten Bezug zum christlichen Glauben. Aber auf unseren Fahrten unterhielt er sich gern mit mir darüber; und das war keine geringe Herausforderung für mich. Es galt, die christlichen Glaubensinhalte so zu formulieren, dass sie für jemanden verständlich waren, der in dieser Welt nicht zu Hause war. Einmal fragte er mich: "Christen haben wohl keine Angst wie? Vor allem keine Angst vor dem Tod, oder?" Ich musste schlucken. Ich fühlte mich kalt erwischt. Ich hatte Angst vor dem Tod, aber das so einfach zugeben? Ich sagte: "Ja, ich kenne Christen, die behaupten, keine Angst zu haben, auch keine Angst vor dem Tod." Er war mit der Antwort nicht zufrieden. "Und du? Hast du keine Angst?" Nun war also doch mein Bekenntnis gefragt. Ich versuchte es zunächst mit der Biologie. Angst ist eine biologische Notwendigkeit. Ohne Angst könnte das Individuum nicht überleben. Wer keine Angst vor wilden Tieren hat, wird bald von ihnen aufgefressen. Wer keine Angst vor dem Unbekannten hat, wird sich bald ins Unbekannte verrennen. Und der Tod, das ist nun mal das Unbekannte schlechthin. Also haben wir Angst vor dem Tod. Ganz unabhängig davon, was wir glauben. Das ist soweit auch alles richtig. Aber ich spürte selbst, dass diese Antwort meinen Partner nicht befriedigte. Was ist denn dran am christlichen Glauben, wenn er auf so vordringliche Fragen wie die nach der Angst keine eigene Antwort hat, sondern nur auf die Ergebnisse einer religiös neutralen Wissenschaft verweisen kann? Es fiel mir ein, was Jesus im Evangelium nach Johannes seinen Jüngern sagte, ein wahrhaft befreiendes Wort: "In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden" (Johannes 16,33). Es wird den Christen also gar nicht zugemutet, angstfrei zu leben; und es wird ihnen schon gar nicht abverlangt, ihre Angst zu leugnen. Jesus selbst war aufs Äußerste gestresst, als ihm klar wurde, dass ihn der Tod am Kreuz erwartet. Aber die Bibel belässt es nicht bei der Feststellung, dass Jesus und seine Nachfolger Angst haben. Jesus selbst spricht davon, dass er überwunden hat, was uns in der Welt Angst macht; und das ist vor allem der Tod. Seine Überwindung der Welt sieht so aus, dass er seinen Jüngern nach seinem Tod als der Auferstandene erschien. Das ist das Urdatum des christlichen Glaubens; das begründet den Trost, den Christen in ihrer Angst suchen. Niemand braucht seine Angst zu leugnen. Aber niemand muss sich fortan von ihr beherrschen lassen. Die Welt des Todes, die uns Angst macht, ist eine durch Christus überwundene Welt. Ob mein Gesprächspartner damit zufrieden war? Wir hatten unser Ziel erreicht, das Gespräch war zu Ende.

08.01.2016
Pastor Diederich Lüken