Zwei Arten von Frieden

Wort zum Tage

Gemeinfrei via Pixabay/ Davie Bicker

Zwei Arten von Frieden
von Christina-Maria Bammel
28.12.2022 - 06:20
01.08.2022
Christina-Maria Bammel
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 „Die Weihnachtsgeschichte handelt von zwei Arten von Frieden“, hat die Theologin Dorothee Sölle einmal geschrieben.  Da war zum einen dieser Friede, bei dem alles unter Kontrolle ist – durch Verwaltung, Steuern und die furchteinflößende Präsenz der römischen Soldaten. So ist die Pax Romana gewesen: korrupt und erdrückend. Niemand muckte auf unter diesem staatlich verordneten „Gewaltfrieden“. Wo die einen die anderen beherrschen und deren Recht auf Leben, auf Selbstbestimmung und Freiheit sowie auf Gerechtigkeit brutal auf Eis legen, da herrscht dieser Gewaltfriede. Dorothee Sölle hat auch den anderen, den zweiten Frieden beschrieben. Es ist der eigentliche Weihnachtsfriede. Einer, bei dem nichts zu befürchten ist. Und die neue, gute Nachricht hat so gar nichts Bedrohliches. Sie geht wie Engelsgesang mitten ins Herz. Zum Beispiel in das Herz von Nachtarbeitern auf dem Feld. Ein Friede, der es denkbar werden lässt, dass kein Kind fliehen muss oder vor der Zeit stirbt, weil Soldatenstiefel durchs Land marschieren und der Luftraum von lärmenden Raketen geschüttelt wird.  Ein Friede, der  wie auf nackten Füßen kommt. Dieser zarte Friede der Weihnachtsgeschichte geht tatsächlich barfuß, leise und sanft – wie man sich einem schlafenden Kind nähert. Wie schutzbedürftig doch jeder einzelne Friedensmoment ist, den ich erleben kann. 
„Und Friede auf Erden...“ Die vier Worte des Weihnachtsevangeliums sind mir in diesem Jahr die wichtigsten. 
Weil Menschen diesem noch so fernen Frieden das Allerbeste zutrauen, darum gibt es Weihnachten. Als die schwedische Kinderbuchautorin Astrid Lindgren vor Jahrzehnten den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten hatte, klang das in ihrer Rede so: „Wir alle wollen ja den Frieden. Gibt es denn keine Möglichkeit, uns zu ändern, ehe es zu spät ist? Könnten wir nicht versuchen, eine ganz neue Art Mensch zu werden? Wie aber sollte das geschehen, und wo sollte man anfangen? Ich glaube, wir müssen von Grund auf beginnen. Bei den Kindern.“  Astrid Lindgren hat ihre Geschichtenwelten  bei den Kindern begonnen. Weihnachten fängt bei einem kleinen Kind an und verbindet es mit einer großen Menschheitshoffnung. Die lässt sich nicht einfach einpacken und in Kisten verstauen wie der Baumschmuck nach der Weihnachtszeit. Diese Hoffnung bleibt hängen in meinem Herzen. Ich werde wohl nicht eine neue Art Mensch sein, aber ich träume diesen Frieden und traue ihm zu, dass er kommen wird, um zu bleiben. 
 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

01.08.2022
Christina-Maria Bammel