Anschlag auf koptische Christen

Anschlag auf koptische Christen
Pfarrerin Adelheid Ruck-Schröder
08.01.2011 - 23:10

Meine Kollegin hat keine Lust mehr auf Ägypten. Eigentlich wollte sie mit ihrem Mann den Urlaub da verbringen. Aber nach dem Anschlag auf koptische Christen in der Silvesternacht ist ihr die Lust auf Pyramiden vergangen. Von einer Bombe wurden die Christen dort getroffen. Ausgerechnet, als sie die Kirche verließen. 23 Menschen starben.

"Was haben wir mit koptischen Christen in Ägypten zu tun?", fragte mich gestern ein Schüler. Warum sollte mich ausgerechnet dieses Attentat mehr aufregen als die vielen anderen, die täglich gemeldet werden?

Ich persönlich durchschaue es auch nicht, warum gerade diese Tat ein so großes Echo in den Medien ausgelöst hat. Vielleicht weil es besonders hinterhältig ist, Menschen aufzulauern, die gerade noch gebetet haben. Aber das ist nur die Spitze des Eisbergs. Seit Jahren gibt es einen katastrophalen Exodus von Christen aus fast allen islamischen Ländern: Ägypten, Irak, den palästinensischen Gebieten und so weiter. Erst vor zwei Monaten wurden zwei Bischöfe in Bagdad während ihrer Messe hingerichtet. Mit ihnen wurden über 50 Menschen in die Luft gesprengt.

Mir lässt das keine Ruhe. Weltweit geraten Christen unter Druck. Selbst bei uns in Deutschland haben koptische Christen vorgestern ihr Weihnachtsfest unter Polizeischutz begangen. Ich persönlich fühle mich aber gar nicht unter Druck. Ich stehe hier und spreche ganz bequem und sicher zu Ihnen ein Wort zum Sonntag. Ich habe nichts zu befürchten. Gott sei Dank.

Aber Jahrhunderte lang war das für Christen die Realität. "Sie werden Euch hassen." Das hat Jesus gesagt. Christen wurden dann tatsächlich in den ersten vierhundert Jahren ihrer Existenz verfolgt. Erschreckenderweise nimmt diese Verfolgung heute wieder zu. Allerdings dürfen wir nicht verschweigen: Christen haben ihrerseits zum Beispiel während der Kreuzzüge oder der Kolonialzeit Andersgläubige, auch Muslime verfolgt. Das haben diese wiederum den Christen und dem ganzen Westen nicht vergessen.

Können wir da überhaupt etwas tun?
Ich glaube schon. Wir können in Deutschland Religionsfreiheit mustergültig vorleben. Je besser uns das gelingt, desto besser können wir eintreten für Religionsfreiheit von Christen in anderen Ländern.

Ich will Ihnen erzählen, was mich ermutigt:
Ich habe eine überzeugte Muslimin als Schülerin. Ihre Familie stammt aus dem Libanon. Im Religionsunterricht sucht sie den Dialog. Vor Weihnachten hat sie einen Adventsgottesdienst in der Gemeinde einer Mitschülerin besucht. Anschließend hat sie christliche Schüler zu sich nach Hause in ihre muslimische Familie eingeladen.

Ich weiß: Das sind ganz kleine Brötchen. Extremisten ist so ein Dialog egal. Wir lösen auch das Problem der christlichen Kopten in Ägypten damit nicht. Es wird weitere niederschmetternde Ereignisse geben.

Trotzdem: In solchen Begegnungen sehe ich meine Aufgabe. Und ich will einfach nicht, dass mir durch Anschläge auf Christen wie den in Ägypten die Lust vergeht. Die Lust auf diesen Dialog zwischen Christen und Muslimen bei uns in Deutschland.