Das Wort zum Sonntag: "Schnäppchen ohne Zukunft "

Das Wort zum Sonntag: "Schnäppchen ohne Zukunft "
Pfarrer i.R. Alfred Buß
03.05.2014 - 21:50

Ich werkele ganz gern mit den Händen. In Haus und Garten. Für meinen Bohrschrauber brauchte ich neue Akkus. Also gleich ins Internet und welche bestellt. Das geht ja Ratz, Fatz per Knopfdruck, kommt frei Haus und ist vor allem billig. Bequeme Sache. Jedenfalls für den Kunden.

 

Inzwischen hab ich Bedenken. Die Fachgeschäfte machen dicht. Weil die Käufer ausbleiben. Innenstädte veröden.

 

Stattdessen setzen Paketdienste Zusteller in Bewegung, wohl 300 000 europaweit. Viele Arbeitsplätze sind das. Aber was für welche?

 

Schon vor zweitausend Jahren sagte Jesus: Ein Arbeiter ist seines Lohnes wert.

 

Gilt das auch im Internethandel?

 

Oft ist ein Zusteller in Subunternehmen beschäftigt. Mit Dumpingpreisen. Pro Paket 1.20 -1.40 €. Egal, wie oft er zustellen muss: Kunde nicht angetroffenKostenloser Rücksendeservice usf. Nicht selten 12-Stunden-Schichten ohne geregelte Pausen. Ständige Hetze. Schließlich wartet der Kunde. Ein Knochenjob. Monatslohn? Zwischen 1200 und 1300 €. Brutto.

 

Billig einkaufen. Das ist angenehm für den Kunden. Auch für den Hersteller? In Bangladesh stürzte eine Textilfabrik ein – vor fast genau einem Jahr. Mit mehr als Tausend Toten. Dort wird der modische Kick genäht - für unsere Billigläden. Das chicke T-shirt für 9,90 €. Hergestellt unter miserabelsten Arbeitsbedingungen und Umweltstandards. Seit der Tragödie hat sich fast nichts verändert. Doch: Der Lohn wurde erhöht! Eine Näherin verdient jetzt 50 € - im Monat. Von den 9,90 € pro T-shirt bleiben der Näherin 10 Cent.

 

Billig einkaufen. Querbeet gibt’s einen Wettbewerb der Schnäppchenjäger. Auch wer sich viel mehr leisten könnte, will heute der cleverste Sparfuchs sein. McDonalds erlaubt jetzt gentechnisch verändertes Futter für Hähnchen. Dann sei das Fleisch billiger für den Chickenburger. Es zählt allein der Preis.

 

Doch Schnäppchen verbauen die Zukunft. Billige Waren gibt’s nur bei billigen Löhnen, bei billigen sozialen Verhältnissen und billigen Umweltstandards. Logisch.  

 

Vorgestern war der Tag der Arbeit. 1. Mai. Seine Botschaft: Menschen brauchen gute Arbeit. Müssen mit ihrem Einkommen auch auskommen. Brauchen Absicherung für Krankheit und Alter. Und eine gesunde Umwelt.

Gute Arbeit hat ihren Wert und ihren Preis. Im Mittelpunkt des Wirtschaftens steht der Mensch.

 

Jesus erzählte diese Geschichte. Tagelöhner stehen auf dem Markt. Suchen Arbeit. Ein Weinbergbesitzer stellt einige ein, früh morgens um 6. Weil es sehr viel zu tun gibt, holt er sich weitere: Um 9, um 12 und um 15 Uhr. Und sogar noch eine Stunde vor Feierabend. Am Ende zahlt er sie aus. Sie bekommen den vereinbarten Lohn. Alle - das gleiche Geld. Verblüffenderweise. Von den Ersten bis zu den Letzten. Aus einem einfachen Grund: sie brauchen’s zum Leben.

 

So ist Gottes Sicht auf unsere Welt: Alle sollen leben – und genug haben.

 

Wir können was ändern. Beim Einkaufen. Jede und jeder. Nein, nicht schon morgen. Am Sonntag bleiben die Läden dicht. Aber schon Montag wieder. Den Schnäppchen misstrauen. Genau hinsehen. Wo wurde was hergestellt und unter welchen Bedingungen? Ist es wertvoll und langlebig? Oder Wegwerfware? Nicht die Zukunft verbauen. Alle sollen leben. Und genug haben. Hier und in Bangladesh. Und auch unsere Kindeskinder.