Fröhlicher Wechsel

Fröhlicher Wechsel
Das Wort zum Sonntag mit Alfred Buß
18.07.2015 - 23:25

Es gibt verblüffende Erlebnisse, die man nicht vergißt:

Mit meinem Fahrrad stand ich vor einer geschlossenen Bahnschranke. Es dauerte. Entsprechend lang war die Autoschlange. Vorn an der Schranke –neben mir- eine junge Frau in einer grünen Ente.

Endlich geht die Schranke hoch. Die Frau startet den Motor – der springt nicht an. Sie versucht es wieder und wieder. Vergebens. Und schon beginnt ein Hupkonzert. Hinter den Frontscheiben genervte, verbiesterte Menschen.

Beschimpfungen. Ein Wagenschlag fliegt auf: „Wird’s bald?! Kauf dir mal’n richtiges Auto!“

Kurz erträgt die junge Frau das Getöse, dann steigt sie entschlossen aus, beugt sich zum Fahrer des hinter ihr stehenden Wagens und sagt: „Entschuldigung. Können wir mal tauschen?“  - „Tauschen?“-  „Ja.- Sie starten jetzt mal die Ente - und ich hupe so lange für Sie.“

Verblüfft steigt der Fahrer aus. Mit ihm weitere, um zu erfahren, was da los ist. Das Hupkonzert verebbt, weicht allgemeiner Heiterkeit.

Gemeinsam schieben wir die Ente an. Und winken ihr fröhlich nach.

Ein verrücktes Huhn, diese Frau. Wechselt einfach die Perspektive: Können wir mal tauschen?

Und schon löst sich die Verbiesterung. Was ein Perspektivwechsel doch vermag!

Nicht nur sich selber sehen. Sich in die Situation anderer versetzen. Das löst die Verbiesterung und befördert das Miteinander: Im Straßenverkehr, am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft. Auch im Urlaub.

Sich in die Lage anderer versetzen. In die griechischer Rentner. Ihr karges Einkommen wird jetzt noch schmaler - während die Preise steigen. In die vieler junger Leute aus dem Süden der EU – arbeitslos sind sie und ohne Perspektive. In die von Flüchtlingskindern - wie Reem aus dem Libanon, deren Fragen jetzt die Bundeskanzlerin ins Schleudern brachten.

Perspektivwechsel befördern das Leben. Im Kleinen wie im Großen. Kuba und die USA üben sich gerade darin. Nach jahrzehntelanger Eiszeit. Der Iran fand mit dem Westen endlich zu einem Atomabkommen. Raus aus der Blockade, in der jeder nur sich selber sieht. Die Völker der EU bedrohen einander nicht mehr mit Krieg. GottseiDank - schon seit 70 Jahren. Gestalten ihre Zukunft längst gemeinsam. Das darf doch nicht untergehen - im Gezerre um Milliardenhilfen. Darf nicht vergiftet werden durch Häme. Nicht kaputtgemacht werden vom lärmenden Hupkonzert  - von Leuten, die nur sich selber sehen. Jetzt ist anderes dran: Die Karre gemeinsam zum Laufen bringen.

Perspektivwechsel befördern das Leben.

Das zeigt der größte Perspektivwechsel aller Zeiten: Gott wird Mensch. In Jesus von Nazareth. Wird Mensch wie wir. Geht dahin, wo’s wehtut. Wird erniedrigt, gefoltert, getötet. Wie so viele. Doch sogar im Tod - wo alles aus ist und stumm  – ist Gott da - in Christus. Wo aber Gott ist, da blüht neues Leben. Christus ist auferstanden. Das ist der fröhlichste Wechsel der Welt.

Diesen fröhlichen Wechsel feiern Christen im Gottesdienst – jeden Sonntag. Lassen Sie sich verblüffen. Alle sind willkommen.