Geheimnis des Teilen und Schenkens

Geheimnis des Teilen und Schenkens
Pfarrer i.R. Alfred Buß
05.12.2015 - 22:55

Ja, ich wurde schon einmal für den Nikolaus gehalten. Das war weit weg von hier, in Manila. Ausgerechnet: Auf den Philippinen sind die Menschen von einem schlimmen Taifun bedroht. Wie vor einem Jahr.

Damals besuchten wir dort die evangelischen Christen. Ich ging durch ein Wohnviertel Manilas, mit einem Mitglied unserer Gruppe. Beide waren wir stattliche Kerle, mein Begleiter gar 2,07m lang. Da schlossen sich uns Kinder an, erst zehn, dann zwanzig, schließlich vierzig oder mehr. Und skandierten – lautstark und fröhlich: Santa Claas, Santa Claas, Santa Claas!

Heute ist Nikolaustag. Den Nikolaus kennt man offenbar rund um die Welt. Genauer: Man kennt den Santa Claas, diesen Kommerz-Klaus, wie Coca Cola ihn geprägt hat – in einer gigantischen Werbeaktion seit den 30er Jahren: ein großväterlicher Typ mit roter Zipfelmütze und weißem Rauschebart.

Der Ur-Nikolaus war aus ganz anderem Holz. Bischof war er in Myra, in der heutigen Urlaubsregion Antalya, in der Türkei. Lebte dort vor fast 1700 Jahren. Historisch wissen wir wenig über ihn.
Und doch stellen Kinder ihre Stiefel vor die Tür, in freudiger Erwartung, dass der Nikolaus sie füllt. Bis heute. Wie geht das?

Das geht, weil der Ur-Nikolaus eine Botschaft hatte, die Botschaft des Advent: Im Kind von Bethlehem kommt die Menschenliebe Gottes zu uns.

Diese Botschaft setzte den Bischof in Bewegung: für Menschenwürde und Gerechtigkeit. Er teilte, was er hatte und was er war. Davon erzählen viele Legenden. So bewahrte Nikolaus drei Töchter einer verarmten Familie vor Menschenhändlern und Prostitution. Er warf der Familie Goldkugeln – aus seinem Erbe – durch den Kamin. Und in der Hungersnot erbettelte er von einem Getreideschiff soviel Korn, dass alle Einwohner von Myra satt wurden - und noch Korn für die Aussaat übrigblieb. Obwohl der Kapitän nichts abgeben wollte.

Auch heute hätte der Ur-Nikolaus allen Grund, für Menschenwürde und Gerechtigkeit zu kämpfen. Die Klimagase der reichen Ländern heizen die Atmosphäre auf und auch die Ozeane. Und arme Länder – wie die Philippinen – bekommen schon heute die schrecklichen Folgen zu spüren. Morgen unsere Kindeskinder. Das ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit.

Auf Kosten anderer leben macht das Leben öde. Die Verbundenheit mit anderen Menschen aber macht es reich. Und das Füreinander Einstehen.

Daran erinnert uns der heutige Nikolaustag. Er kennt das Geheimnis des Teilens und Schenkens.

Schenken geht von Herz zu Herz. Und ist viel mehr als der Austausch von Sachen. Geschenke verpacken wir schön. Eingewickelt ist darin auch die unsichtbare Botschaft der Verbundenheit. Sie weckt das Leuchten der Augen.

In der Tradition des Ur-Nikolaus will ich in diesem Advent Verbundenheit schenken. Mich um Flüchtlingsfamilien kümmern, die bei uns leben. In Sicherheit zwar, aber fremd hier und allein. Denn: Im Kind von Bethlehem will die Menschenliebe Gottes zu allen Menschen kommen.