Oberammergau

Oberammergau
Ein Dorf und seine Passion
02.07.2022 - 06:30

2000 Oberammergauer stehen derzeit fast täglich auf der Bühne, um das Leiden und Sterben Christi darzustellen. Auch die pandemiebedingte Absage der Passion vor zwei Jahren konnte das Dorf nicht davon abbringen, ihr Pestgelöbnis aus dem Jahre 1633 zu erfüllen. Alle 10 Jahre kommen seither Besucher aus aller Welt in den Ort nahe der Zugspitze.

Bereits zum vierten Mal hat die Gemeinde den umtriebigen Christian Stückl als Spielleiter bestellt. Als einer der profiliertesten Theatermacher Deutschlands setzt er seit 1990 in Oberammergau alles daran, das Maximale aus den Laiendarstellern herauszuholen. Gegen Wiederstände hat Stückl erstritten, dass auch Muslime und Ungetaufte mitspielen dürfen. Auch verheiratete Frauen stehen seit 1990 auf der Bühne. Für Andrea Hecht geht mit der Wahl zur Mariendarstellerin bereits zum zweiten Mal ein Kindheitstraum in Erfüllung. Ihr Bild von der Gottesmutter hat sich seither total gewandelt: Aus einer entrückten Heiligenfigur ist für sie eine streitbare Frau geworden, die den Weg ihres Sohnes bis zur Hinrichtung mitgeht. Auch Barbara Schuster erzählt, wie sie ihre Rolle als Maria Magdalena versteht. Die intensive Auseinandersetzung mit den biblischen Figuren formt, wie sie meint, auch den persönlichen Glauben. Der Film lässt erleben wie sich die Dorfbewohner auf die über 100 Aufführungen vorbereiten. Die Begleitung einiger Hauptdarstellen macht deutlich, dass die Passion für die Oberammergauer kein Stück ist, das alle 10 Jahre aus dem Theaterfundus geholt wird: Vielmehr ist es der intensive Versuch eines Dorfes, die Person Jesu immer wieder neu zu entdecken.