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Die Sendung zum Nachlesen:
Mein Talent, mich über Kleinigkeiten aufzuregen ist groß. Wenn ich ehrlich bin, ärgere ich mich häufig im Stillen über irgendetwas. Kleinigkeiten, die in ihrer Summe zu einem dicken Ärgernis heranwachsen können. Ich kann mich ärgern über den Haufen an Zigarettenkippen am Bahnsteig, die so achtlos weggeworfen werden. Obwohl zwei Meter weiter ein großer silberner Aschenbecher hängt. Über den Kerl mit dem großen Auto, der stets frech vor dem Einkaufszentrum gleich zwei Parkplätze belegt. Besonders ärgere mich ich, dass mein Nachbar es nicht sein lassen kann, am Sonntag während der Mittagsruhe die Kreissäge anzuwerfen. Nicht zu vergessen die Jugendlichen, die es nicht schaffen, ihren Platz im Zug für die alte Dame mit dem Rollator freizumachen. Meist fresse ich den Ärger in mich hinein.
Jesus hat einmal gesagt: „Wenn dich dein Auge ärgert, reiß es heraus und wirf es von dir. Es ist besser für dich, dass du einäugig zum Leben eingehst, als dass du zwei Augen hast und wirst in das höllische Feuer geworfen.“ (Matthäus 18,9) Ein Wort aus der Bibel, das man nicht zu wörtlich nehmen sollte. Aber es steckt Wahrheit darin. Sich permanent zu ärgern hat etwas Verführerisches. Je mehr man anderen vom eigenen Frust erzählt, desto mehr stimmt mein Gegenüber auch in das Klagelied ein. Am Ende klagen wir dann gemeinsam darüber, wie schlecht die Welt doch ist. Das kann es nicht sein.
„Reiß es aus, was dich quält.“ Jesus trifft den entscheidenden Punkt. Was dich ärgert und verführt, musst du energisch abschütteln. Das kostet Kraft. Leicht und locker geht das kaum. Was einen geärgert und gefrustet hat, kann innerlich nachbrennen wie ein höllisches Feuer im Magen. Jesus aber will nicht, dass unsere Seele Schaden nimmt durch die Ärgernisse dieser Welt. Man kann sie kaum verhindern. Man kann sich aber dagegen wappnen.
Abschütteln lässt sich Ärger nur, wenn ich meiner Wut und meinem Ärger über Kleinigkeiten nicht erlaube, Wurzeln zu schlagen. Wenn ich etwas Ärgerliches „im Auge“ habe, sollte der Frust nicht ins Unermessliche wachsen.
Ich verstehe Jesu Wort von dem Auge, das man ausreißen soll, so: Schau nicht mit finsterem Blick auf ärgerliche Kleinigkeiten. Die Welt ist nicht nur gemein. Um Gutes zu erkennen, brauchst du ein gutes Auge. Das gute Auge sieht nicht nur den Dreck überall, sondern auch den Jugendlichen mit Baseballcap, der sich nicht zu schade ist, achtlos weggeworfenen Müll aufzusammeln. Es entdeckt am Bahnhof den Mann, der einer Frau mit Gehstützen den schweren Rucksack trägt. Und das gute Auge freut sich über eine Gruppe Schulkinder, die zusammen lachend zur Schule gehen und beim Überqueren der Straße auch aufeinander achten.
Einer meiner Kollegen gibt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern jeden Montag immer denselben Spruch mit auf den Weg: „Einen angenehme Woche. Und lasst euch nicht ärgern.“ Wie ein Mantra, das er wiederholt. „Lasst euch nicht ärgern.“ Es klingt wie ein Segenswort für alle Fälle, welches er uns um die Schultern legt. Falls uns doch einmal irgendwann ein großes Ärgernis überfallen sollte.
Und wenn dann doch wieder der Ärger hochsteigt, hilft mir auch ein altes Gebet, manchen Ärger abzuschütteln und erlaubt ihm nicht, bei mir heimisch zu werden:
„Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“
Es gilt das gesprochene Wort.