Mit Herz und Hand
Wie übernehme ich Verantwortung?
31.08.2024 06:35

Der biblische Ausdruck "Mit Herz und Hand" steht für die Entscheidung: Dafür setze ich mich ein. Dafür übernehme ich Verantwortung.

 
Sendung zum Nachlesen

"Ich hab mich dir ergeben, mit Herz und Hand,

du Land voll Lieb und Leben, mein deutsches Vaterland."

 

Am 23. Mai 1949, vor gut 75 Jahren, nachdem das Grundgesetz verkündet wurde, standen die westdeutschen Parlamentarier von ihren Stühlen auf. Einmütig sangen sie, manche mit der rechten Hand auf dem Herzen, ein altes Studentenlied aus der Zeit der Freiheitskriege gegen Napoleon Anfang des 19. Jahrhunderts. Eine Nationalhymne hatte die junge Bundesrepublik bis dahin noch nicht. "Ich habe mich dir ergeben, mit Herz und Hand." Aus heutiger Sicht klingt das ziemlich pathetisch. Ob wir den Text heute so singen würden? Selbst wenn wir unser Land sehr mögen?

 

Mancher Abgeordnete sang das Lied damals mit einer Träne im Auge. Weil ihm noch die zwölf Jahre Naziherrschaft in den Knochen steckten. Andere sangen freudig und laut, denn sie wussten: Mit diesem Schritt ist endlich der Neuanfang da. Andere, die das Lied nicht kannten, brummelten einfach mit, ahnten aber: Jetzt geht die Arbeit erst richtig los. Prima, ein Grundgesetz zu haben, aber es muss mit Leben gefüllt werden.

 

Mit "Herz und Hand" ist eine biblische Redewendung. Wenn jemand etwas mit "Herz und Hand" tut, dann will er oder sie die Sache ordentlich machen. Dann steht man fest für etwas ein, will bewusst Verantwortung übernehmen.

 

Die Redewendung "mit Herz und Hand" wird durch einen kleinen Dialog aus der Bibel illustriert, aus dem 2. Buch der Könige. Ein König namens Jehu begegnet Jonadab, einem Mann, von dem König Jehu nicht genau weiß, auf wessen Seite er steht. Ob er es ehrlich meint. Jehu grüßt den Mann und spricht zu ihm: "Ist dein Herz aufrichtig gegen mich wie mein Herz gegen dein Herz?" Jonadab antwortet: "Ja!" Da erwidert Jehu: "Wenn das so ist, dann gib mir deine Hand!" Und Jonadab gab ihm seine Hand. (Aus 2. Könige 10,15) Von diesem Handschlag an sind beide Verbündete. Sie übernehmen gemeinsam Verantwortung für ihr Land – mit Herz und Hand. 

 

Verantwortung, so ein abstraktes Wort kannte das biblische Israel nicht. Aber "mit Herz und Hand", das verstand jeder gut. Das steht für die Entscheidung: Dafür lohnt es sich aus meiner Sicht zu leben. Diese Sache ruft mich dahin, Verantwortung zu übernehmen.    

 

Die bundesdeutschen Parlamentarier im Jahr 1949 wollten sich einem anderen, besseren Deutschland "ergeben". Nie wieder Faschismus in unserem Land. Nie wieder sollte die Menschenwürde mit Füßen getreten werden. Wenn sie gesungen haben: "Ich hab mich dir ergeben", klang mit: Unmittelbar hinter uns, liebes Land, liegen Krieg und Diktatur. Und wir machen uns auf den Weg zu Frieden und Freiheit. Darum wage ich es, Verantwortung für dich zu übernehmen, liebes Land. Ich möchte, dass du wirst, was du auf dem Papier bist: ein demokratischer Staat. Hoch soll es leben, unser Grundgesetz!

 

Weil Gott überall ist, kommt ein Gruß von ihm auch im Grundgesetz vor. Nicht im Text, aber in der Präambel. Eine Präambel ist eine Vorbemerkung. Sozusagen die Gebrauchsanweisung von allem, was dann folgt: "Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen". Das sind die ersten Worte des Grundgesetzes.

 

In Verantwortung vor Gott. Das ist keine Anrufung Gottes. Deutschland will kein Gottesstaat sein. "In Verantwortung vor Gott". Das ist eher eine demütige Erwähnung Gottes. Das meint: Wir nehmen nicht in Anspruch, die ganze Wahrheit und die volle Weisheit zu kennen. Die kennt nur Gott, aber nicht wir Menschen.

Wer Verantwortung übernehmen will für was auch immer, sollte das mit Herz und Hand tun. Sollte es wagen, etwas Gutes für unser Land zu tun. Freiwillig, nicht gezwungen, aber mit echtem Einsatz. Mit Herz und Hand

Es gilt das gesprochene Wort.

 

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