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Die Sendung zum Nachlesen:
Unsere Freunde Susanne und Jürgen sprudeln oft über von Ideen, was man am Wochenende Schönes zusammen unternehmen könnte. Im Programmkino läuft um 20 Uhr ein neuer spannender Film. Auch für das Konzert in der Musikhalle gibt es noch Karten. Oder sie wollen das neue italienische Restaurant ausprobieren und mögen nicht allein dorthin, sondern lieber mit uns. Oft klingelt am Sonnabend so gegen 17 Uhr das Handy. Es melden sich Susanne und Jürgen. „Heute Abend, Kino, 20 Uhr, tolle Schauspieler. Es ist nicht ausverkauft, kommt ihr ganz spontan mit?“ Wir atmen tief durch.
Solch kurzfristige Vorschläge erfordern viel Entschlussfreudigkeit. Das bringt uns immer ziemlich ins Schleudern. Die Diskussion, ob wir mitgehen sollen, geht los. Wir melden uns gleich wieder, sagen wir dann und legen auf. Sofort wägen wir angestrengt ab, ob wir mitmachen oder nicht. Lust auszugehen hätten wir schon. Das letzte Mal war es zauberhaft mit den Freunden. Aber heute? Ausgerechnet jetzt? Und dann, leicht aggressiv: Können die nicht einmal etwas eher Bescheid sagen?
Meist sammeln wir Gründe, warum es gerade jetzt eigentlich nicht geht. Unser Gartenzaun muss noch zu Ende gestrichen werden. Die Pflanzen warten darauf bis zum Abend begossen zu werden. Die Steuererklärung liegt noch auf dem Schreibtisch und muss ausgefüllt werden. So verflixt viel liegt noch an. Und ein ruhiger ungestörter Abend auf dem Sofa wäre auch nicht zu verachten. Man wird bequem mit der Zeit. Weggehen, gut und schön. Aber so fix uns freimachen von den Zwängen und Gewohnheiten? Dabei bleiben wir so oder so innerhalb unserer Komfortzone. Warum fällt uns das dann so schwer?
In der Bibel erreicht die Spontaneität zuweilen noch ganz andere Ausmaße mit anderen Konsequenzen. Im Markusevangelium heißt es: „Als Jesus aber am Galiläischen Meer entlangging, sah er Simon und Andreas, Simons Bruder, wie sie ihre Netze ins Meer warfen; denn sie waren Fischer. Und Jesus sprach zu ihnen: Kommt, folgt mir nach; ich will euch zu Menschenfischern machen. Und sogleich verließen sie ihre Netze und folgten ihm nach.“ (Markus 1,16-18)
Sogleich, heißt es, verließen Simon und Andreas ihre Netze. Sogleich ist sofort. Ohne Verzug. Haben die denn gar keine Familie gehabt, mit der sie sich absprechen mussten? Was wurde wohl aus ihrem Fischereibetrieb? Wer übernahm die Vertretung? Wie konnten die beiden ersten Jünger so krass alles stehen und liegen lassen? Von einer Diskussion, ob es sich lohnt, dem Ruf Jesu zu folgen, wird nichts berichtet. Die beiden neuen Jünger gehen einfach mit. Fertig.
„Und sogleich verließen sie ihre Netze.“ Mich – und viele um mich herum – erlebe ich als gefangen in den Netzen, in denen wir uns bewegen. Unser Haus, unsere Familie, unsere Milieus, unsere gewohnten Rituale, unser Kiez, unser Alltag, unsere Filterblase. Darin leben wir Tag für Tag und kommen kaum heraus. Daran erstickt unsere Freiheit. Gute Ideen werden eingefangen und können nicht weiterschwimmen.
Vielleicht kann man die biblische Geschichte heute so lesen: Jesus ruft uns zu: Lasst doch bitte mal alle eure Netze liegen! - Wagt etwas Neues. Vertraut mir. Komm mit. Wer weiß, was für ein großer Fang auf euch wartet, wenn Ihr meine Nachfolgerinnen und mein Nachfolger werdet.
Ich staune jedenfalls über das „sogleich“ in dieser Erzählung. Wie ist nur das möglich, diese spontane Planänderung? Ich ahne, dass es vor allem mit Vertrauen zu tun hat. Damals mit dem Vertrauen, das Jesus ausstrahlte und in Simon und Andreas setzte. Dem Leben einen Vertrauensvorschuss geben und mich von Gott überraschen lassen. Das nehme ich mir zu Herzen. Nicht nur Susanne und Jürgen werden sich wundern.
Es gilt das gesprochene Wort.