Wort zum Tage
Gott sieht das Herz an
Mit Jugendlichen leben
09.10.2019 06:20
Sendung zum Nachlesen

Am Ende recht zu behalten, ist ein schönes Gefühl.

Ich bin in zu einem Vortrag eingeladen. Im Nachgespräch knüpft eine der Zuhörerinnen an meinen Worten an und erzählt bewegt und dankbar von ihrem Pflegedienstleiter, seiner Umsicht und dem christlichen Geist, den er in das Haus bringt. Als sie seinen Nachnamen nennt, werde ich hellhörig. Den kenne ich! Wie denn der Vorname ist? Ja, er ist es. Vor vielen Jahren war er mein Konfirmand. Einfach war das nicht. Nicht nur für mich war er in der Pubertät anstrengend und hatte doch diese andere Seite damals schon: klug und umsichtig, liebevoll, meist noch etwas ungelenk in seiner Zuwendung. Als die Jugendlichen sich selbst ihren Konfirmationsspruch ausgesucht haben, hieß seiner „Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; Gott, der HERR, aber sieht das Herz an.“ (1. Samuel 16,7) In der Bibel wird erzählt, wie der Prophet Samuel den jugendlichen David ansieht, seinen ungelenken Körper, vielleicht auch sein pickeliges Gesicht. Aus dem wird mal Israels König! Samuel zweifelt und Gott sagt eben diese Worte: „Menschen sehen das Äußere, Gott sieht in das Herz!“

Wir Menschen sehen nur eine Momentaufnahme und urteilen oft schnell. Gott sieht länger hin, sieht das Herz, die verborgenen Potentiale, weiß um Großzügigkeit und Güte, Verstand und Organisationstalent, um die Begabungen, die ein Mensch hat. Und Gott traut ihm etwas zu, lange schon, bevor die Menschen verstehen, wem sie da begegnen.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie viel Kraft mich diese Konfirmanden und Konfirmandinnen damals gekostet haben. Ich habe mir oft überlegt, wie wir miteinander klarkommen und auf dem Weg des Glaubens sein können. Nach der Konfirmation blieben einige von ihnen als Junge Gemeinde zusammen.

Während wir Menschen beurteilen, Noten verteilen und Kinder einordnen, sieht Gott in ihr Herz, sieht den Schmerz und die Verletzungen, sieht die Freude und die Fähigkeiten, sieht all das, was sie ausmacht. Und wer mit den Augen der Liebe auf einen jungen Menschen sieht, der erhascht hier und da einen Blick auf sein Herz und kann sehen, wie besonders und wunderbar er oder sie ist, wie sehr der Liebe wert. Das macht es im Alltag nicht unbedingt leichter. Pubertierende zu lieben ist oft ungefähr so, wie einen Kaktus zu umarmen. Doch wenn die Stacheln dann abgefallen sind, wird vieles von dem strahlen, was Gott in ihn oder sie hineingelegt hat.

Manches Mal bin ich nach dem Konfirmandenunterricht in Gedanken durch die Runde gegangen und habe jeden und jede noch mal vor mir gesehen und anders angeschaut, mich gefreut und geahnt und gehofft, dass sie einen guten Weg ins Leben finden werden. Wie schön zu erleben: Ich habe recht behalten.

 

Es gilt das gesprochene Wort.