Atempause den Verkrampften

Wort zum Tage

Gemeinfrei via Unsplash/ Danist Soh

Atempause den Verkrampften
von Pfarrerin Melitta Müller-Hansen
30.05.2023 - 06:20
19.04.2023
Pfarrerin Melitta Müller-Hansen
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„Was steht ihr da und schaut nach oben“?  Ich liebe diese Frage. Engel stellen sie in der Himmelfahrtsgeschichte.  Und rühren damit an einen Lebensnerv: Der Mensch schaut gern nach oben. „Der da oben“ sagen die meisten, wenn sie von Gott reden. An den da oben schicken sie ihre Stoßseufzer und Gebete. Und es ist immer jemand „oben“, der es besser weiß, besser kann, alles hat, was mir fehlt. Oben ist weit weg. Und es ist eine Position der Herrschaft. Auch die Freunde um Jesus sind von diesem Blick nach oben nicht ausgenommen. Sie siedeln Jesus auch ganz oben an. Sie blicken auf zu ihm. Allein in ihm ist das Göttliche. Und automatisch passiert etwas innen: meine ganze Energie geht weg von mir, entweicht zu dem da oben hin. Und dann bin ich klein, machtlos, unwichtig, auf mich kommt es nicht an. Wenn es so läuft im Leben, wird ein Mensch das nicht los, auch nicht als Erwachsener. Er bleibt stecken im Verehrungsbewusstsein. Alles, was in ihm selbst wachsen und reifen sollte, hält er von sich fern, projiziert es auf den Einen, auf den Meister, auf den da oben. Auf die da oben.

Himmelfahrt ist eine Bewegung, die diesen Drang nach oben korrigiert. Indem sie von einer Trennung erzählt. Der Meister trennt und verabschiedet sich von seinen Jüngern. Jesus verlässt seine Freundinnen und Freunde, er mutet ihnen Schmerz und Trennung und Einsamkeit zu, damit sie im geistlichen Sinn auf eigenen Beinen stehen. Und ihn nicht mehr oben suchen.  Alles, was sie oben ansiedeln, weg von sich selbst, gehört in ihr Herz, in ihren Geist, in ihren Zusammenhalt. Denn sie werden berufen, Zeuginnen und Zeugen Gottes zu sein in der Welt. Und wer Zeugin sein will, kann es sich nicht leisten, Gott irgendwohin nach oben zu verbannen. Man braucht ihn so nahe wie möglich, im Zentrum der Welt, im eigenen Zentrum, im eigenen Herzen. Und die tiefste und schönste Geste ist, den Geist Gottes herbeizurufen. Komm, lass mich teilhaben am Wesen Gottes. Komm in mir wohnen. Richte mich auf!

Hierher, Atem, zünd mich an,

schick aus deiner fernsten Ferne

Wellen Lichts.

Komm Armeleutevater,

komm oberster Mundschenk

komm Herzensjäger.

Bester Tränentrockner

liebster Seelengast

mein Freund mein Schatten

Einmal ausruhen

für Grübler und Geschundene,

du, Atempause den Verkrampften. (Huub Oosterhuis)

 

Der Pfingstgeist Gottes ist ein Geschenk an den grüblerischen menschlichen Geist und an sein verzagtes Herz. Eine Kraft, ein Hauch, ein Brausen. Atempause der Verkrampften. O Gott, wie haben wir die nötig!!!

Es gilt das gesprochene Wort.

19.04.2023
Pfarrerin Melitta Müller-Hansen