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Die Sendung zum Nachlesen:
Mit bunten Schultüten im Arm und einem großen Ranzen auf dem Rücken kommen sie durch die Kirchentür. Sie dürfen in der ersten Reihe Platz nehmen. Die Haare mit Gel gestylt oder zum Zopf geflochten. Gesichter, rosig vor Aufregung und Stolz. Auch die begleitenden Mütter und Väter haben sich in Schale geworfen. Der Gottesdienst zum Schulanfang hat bei uns in der Kirche einen festlichen Charakter. Hier und da wird zur Erinnerung mit dem Handy fotografiert und gefilmt.
Schon Jesus hat Kinder gesegnet: „Lasst die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht,“ hat er verkündet. „Denn ihnen gehört das Himmelreich.“ Verschließt den Kindern nicht den Himmel. Bürdet ihnen nicht zu viele Lasten auf. Ihnen steht der Himmel offen.
Bevor der erste Schultag beginnt, erzähle ich den Erstklässlerinnen und Erstklässlern und den Familien, was Segen bedeutet. Segen ist wie ein Mantel, der dir um die Schultern gelegt wird. Er soll dich behüten, wenn es kalt um dich wird und du dich allein fühlst. Segen kann man spüren, wenn eine warme Hand dich berührt und dir ein freundliches Wort sagt. Segen ist immer mit einem ermutigenden Wort verbunden: “Du schaffst es.“ „Du bist wichtig für Gott.“ „Dein Schulweg soll behütet sein.“ Man kann sich nicht selbst segnen. Segen kann einem nur geschenkt werden, man kann ihn nicht verdienen. Zum Segen gehört ein freundliches Lächeln, denn Segen ist Gottes freundlich zugewandtes Gesicht.
Gutes aber haben wir gern erst einmal exklusiv für uns. Mein Haus, mein Boot, mein Segen, mein Gott. Auch unter Christen wird das Himmelreich gern mit Zäunen und Grenzpfählen versehen. Jener darf dazugehören, die aber nicht. Die da ist würdig, der da aber nicht. So geschieht es auch schon in der biblischen Geschichte von der Kindersegnung. „Und sie brachten Kinder zu Jesus, damit er sie anrühre. Die Jünger aber fuhren sie an.“
Jesus hat einen weiten Begriff von Segen. Gottes Segen gilt allen Kindern. Er gehört niemandem allein. Gottes Segen soll sich ausbreiten über alle Völker der Erde, über Große und Kleine. Heute gehört es für mich dazu, zu betonen: Für den Segen von Gott her spielt es keine Rolle, welcher Religion die Kinder oder ihre Eltern angehören. Das Glück und der Segen vom Himmel gilt allen Menschen, denn Gott ist der Herr über die ganze Welt.
Als im Einschulungsgottesdienst alle Kinder zum Segen nach vorn treten, kommt auch ein Junge mit Zahnlücke. Und er ist nicht allein. Im Schlepptau hat er seinen kleinen Bruder dabei. Was das wohl wird, denke ich. Und beginne zu segnen. Dazu beuge ich mich als großer Mensch herab zu den Kindern und gehe auf die Knie. Zunächst frage ich die Jungen und Mädchen nach ihrem Namen. Ich blicke ihnen in die Augen und frage, ob ich sie segnen darf. Wenn das Kind sein Ok gibt, lege ich meine Hand auf die Schulter und sage den Namen. „Anna, Leon, Noah, Greta: Gott, der Herr, segne dich. Sein Auge möge über dir sein. Er behüte deine Schritte, wo immer du auch bist.“
Als ich bei den beiden Jungs bin und die Hände zum Segen erhebe, fällt mir der blonde Junge mit Zahnlücke ins Wort: „Aber nicht meinen kleinen Bruder. Der hat mir einen Zahn ausgehauen!“ Gelächter in der Kirche, mein Mikrofon überträgt alle seine Worte.
Einen Moment muss ich mich sammeln, dann sage ich: „Weißt du, Jesus hat echt alle Kinder gesegnet. Auch die kleinen Brüder, die manchmal furchtbar gemein sein können.“ Der Junge kämpft mit sich. Schließlich ist er das Schulkind, er hätte den Segen gern nur für sich. Dann gibt er sich einen Ruck und sagt: „Gut, aber nur für heute.“ Ich lege meine Hand auf die Schulter des jüngeren Bruders Timo. „Timo, Gott segne dich.“ Mit einem Augenzwinkern füge ich hinzu: „Erstmal nur für heute.“ Fröhlich hüpfen die beiden zu ihren Eltern zurück.
Es gilt das gesprochene Wort.