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Das war ein echter Moment des Friedens, von dem ich bis heute zehre.
Jerusalem vor einigen Jahren. Ich sitze auf einer Terrasse. Freier Blick auf die Altstadt. Die abendliche Beleuchtung taucht die Gebäude in ein weiches Gelb, ja fast wirkt es wie Gold. Goldenes Jerusalem, denke ich. Was für eine Wohltat für die Augen, wie gut ist das für die Seele, gerade an diesem Tag.
Noch vor ein paar Stunden war ich in den Außenbezirken von Jerusalem. Viel Stacheldraht und Mauern. Mauern, die höher sind als die, die wir noch aus alten Berliner Zeiten kennen. Früher hatte man noch eine schöne Aussicht, wenn man von Jerusalem nach Bethlehem ging – nun ist der Weg versperrt durch Grenzanlagen. Grenzkontrollen, Wartezeiten. Bedrückende Stimmung.
Aber nun ist es Abend in Jerusalem. Es tut besonders gut, auf der Terrasse zu sitzen. Eine kühle Sommerbrise erfrischt mein Gemüt. Und dann erlebe ich das, von dem ich bis heute zehre:
Zwei Familien, die mit mir auf der Terrasse sind, erzählen ihre Geschichte. Die einen sind Armenier, eines der ältesten christlichen Völker. Ihre Vorfahren mussten während des Ersten Weltkriegs vor dem Völkermord im damaligen osmanischen Reich fliehen. Und hier in Jerusalem haben sie einen Ort gefunden, wo sie in Freiheit leben konnten.
Der anderen Familie erging es ähnlich. Sie kam aus Österreich. Auch sie musste fliehen, weil sie als Jüdinnen und Juden wegen der Nazis um Leib und Leben fürchten mussten. Und hier in Jerusalem haben sie einen Ort der Rettung gefunden, Rettung vor Massenvernichtung.
An diesem Sommerabend entdecken zwei Familien Ähnlichkeiten in ihrer Geschichte. Sie hören einander zu, beginnen einander zu verstehen. Jerusalem als Ort des Friedens.
Sollte hier Frieden nicht möglich sein?, frage ich. Jerusalem. Eine Deutung des Namens lautet: Stadt des Friedens. Hier kommen viele Menschen aus unterschiedlichen Welten zusammen. Hier haben sie einen Ort der Rettung und der Freiheit gefunden. Sollte hier Frieden nicht möglich sein? Frieden, der noch mehr Unterschiede überbrückt: zwischen jüdischen und christlichen Familien, zwischen jüdischen, christlichen und muslimischen Familien.
Von einem solchen Frieden träumt in der Bibel der Prophet Micha: Alle Menschen aus Israel und den Völkern werden ungestört in ihrem eigenen Weinberg und unter ihrem Feigenbaum sitzen – niemand wird mehr Terror verbreiten. (Micha 4,4)
Von diesem Moment des Friedens zehre ich bis heute, denn seither weiß ich: Frieden ist möglich. Diese Hoffnung lasse ich mir nicht mehr nehmen.
Es gilt das gesprochene Wort.