Bestatterin

Wort zum Tage
Bestatterin
27.06.2015 - 06:23
31.03.2015
Pfarrer Ralph Frieling

Wenn ein Mensch stirbt, ist für die Hinterbliebenen alles anders, von jetzt auf gleich – unwirklich und fremd. Heike weiß das. Sie arbeitet in einem Beerdigungsinstitut und begleitet Hinterbliebene vom ersten telefonischen Kontakt bis zum Tag der Beisetzung.

 

Vieles muss in den ersten Tagen organisiert und bedacht werden.

 

Das fängt schon mit der Frage an, ob der Verstorbene sofort im Leichenwagen abgeholt wird oder noch eine Weile zu Hause bleiben soll, wo er gestorben ist. Die meisten wollen das nicht. Aber möglich ist es, eineinhalb Tage lang, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Es wäre Zeit, um dort Abschied zu nehmen, vielleicht mit einer Aussegnungsfeier mit einem Geistlichen.

 

Dann gibt es viele weitere Fragen. Wo soll die Beerdigung sein? Wird es eine Urnenbeisetzung oder eine Erdbestattung im Sarg? Wer soll die Beisetzung machen, der Pfarrer oder eine Trauerrednerin? Was für ein Sarg, was für eine Urne? Es sind Dutzende von Fragen. Die Entscheidungen zu treffen, kostet Mühe, es ist emotionale Arbeit. „Die Anstrengung ist oft spürbar“, sagt Heike. „Und deshalb möchten wir die Angehörigen spüren lassen, dass sie sich Zeit nehmen können“.

 

Manches lässt sich auch Tage später bestimmen: Soll der Sarg noch in dem Trauerraum offen aufgebahrt bleiben, damit die Familie noch einmal später Abschied nehmen kann? Wie sieht die Todesanzeige aus? Welche Blumen sollen es sein? Es bleibt eine gewisse Zeit vom Tod bis zur Beisetzung oder Einäscherung. 6 bis 10 Tage in Deutschland, je nach Bundesland.

 

Aber neben den ganzen organisatorischen Fragen soll auch genug Raum bleiben, wenn die Angehörigen über den Verstorbenen sprechen möchten. Heike sieht sich als Trauerbegleiterin. Das ist viel mehr als die organisatorische und die kaufmännische Seite ihres Berufs.

 

Für die, die zurück bleiben, ist die Beerdigung eine Schwelle. Sie ist der letzte Liebeserweis an den Verstorbenen und der erste Schritt in die weitere Zukunft. Mit dem Tod des anderen und mit dem Gefühl des Verlustes muss man weiter leben. Die Seele kommt beim Abschiednehmen mit den Ereignissen so schnell nicht mit. Irgendwann kommt es darauf an, aus dem Tod wieder ins Leben zu kommen. Auferstehung heißt: neues Leben nach dem Tod, Auferstehung bedeutet aber auch: neu und anders weiterleben nach dem Abschied.

 

Als Heike vor einigen Jahren im Beerdigungsinstitut anfing, verstanden viele ihrer Freunde das nicht. Sie erzählt: „Die fragten mich: Wieso kannst du das, immer mit so viel Tod und Trauer? Also, wenn ich das so sagen kann, ich mache es gerne. Und manchmal kommt etwas zurück. Einmal sagte mir eine Frau später: ‚Ich wusste nicht, was ich machen soll. Es ist gut, dass Sie da gewesen sind.‘“

31.03.2015
Pfarrer Ralph Frieling