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Peanuts
Was die Comics mit der Bibel verbindet
25.01.2025 06:20

Eine Welt aus lauter Kindern, aber eigentlich für Erwachsene. Das sind die "Peanuts" von Charles M. Schulz. Sie bringen die Wahrheit im Kleinen groß raus.

 

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Eine Welt aus lauter Kindern, aber eigentlich für Erwachsene. Ich gehöre zu der Generation, die mit den "Peanuts" von Charles M. Schulz groß geworden ist - im Sinne des Wortes. Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wie ich diese Comics als Kind fand. Bestimmt auch schon lustig. Aber ihre psychologische und philosophische Tiefe kann ich damals unmöglich schon verstanden haben.
Die Peanuts laden Kinder wie Erwachsene ein, sich mit ihnen zu identifizieren: Bin ich eher so ein Charlie-Brown-Typ, ein bisschen verträumt, eher ängstlich, oft grundlos besorgt? Oder doch mehr eine Lucy, diese laute und leicht herrische große Schwester, die allen anderen gerne und sogar gegen Bezahlung Ratschläge anbietet? "Psychologische Hilfe für 5 Cent" steht an ihrem Stand am Straßenrand. Und der Doktor ist sie natürlich selbst.
Was ich im Laufe des Lebens und auch mit Hilfe der Peanuts gelernt habe: Niemand sollte sich von wenigen Strichen täuschen lassen und von dem ersten Eindruck von einer Person. Auch die herrische Lucy hat nämlich eine große Schwäche: ihre unerwiderte Liebe zu Schroeder, dem Musiker. Denn der bleibt stets über sein Klavier gebeugt anstatt ihr zugewandt. Er interessiert sich leider für nichts anderes als für Beethoven.
Die Peanuts begegnen dem Leben auf unterschiedliche Weise: Ängstlich und mutig, leise und laut, ganz auf dem Boden der Tatsachen und als Flieger-Ass, so wie Snoopy. Und in ihrer kleinen Welt aus nur vier Bildern gibt es immer mehr als nur eine Wahrheit. Ein Beispiel: "Es ist besser, ein Licht anzuzünden, als über die Dunkelheit zu schimpfen", meint der sanfte, ein bisschen ängstliche Linus, der immer eine Schmusedecke braucht. Während seine Schwester Lucy zur gleichen Zeit laut die Dunkelheit anschreit: "Blöde Dunkelheit!"
Diese Gegensätze passen auch zu meinem Leben. Ich will nicht, dass sich jemand ein Bild von mir macht, das nur auf den ersten Blick zutrifft. In der Bibel gibt es leider keine Comicstrips, aber auch sehr genaue Zeichnungen von Menschen. Ich denke an David, den Jungen mit der Schleuder, den niemand für geeignet hält, gegen den riesenhaften Soldaten Goliat zu kämpfen. Aber dann kommt es doch ganz anders, als alle erwartet haben. Und aus dem Hirtenjungen wird ein König. "Der Mensch sieht, was vor Augen ist, Gott aber sieht das Herz an", das ist ein Fazit aus Davids Geschichte.
Der Blick Gottes auf seine Menschen ist ähnlich liebevoll wie der Blick des Zeichners Charles M. Schulz auf seine Figuren. Jede und jeder von uns ist immer mehr als das, was andere in uns gern sehen. Also: Wenn mich nochmal jemand eine "starke Frau" nennt, dann bekomme ich einen Schreianfall, mit dem ich Lucy Konkurrenz machen kann. Ich habe nämlich nicht nur ein "inneres Kind", das ich suchen könnte und finden müsste. Sondern eine ganze Welt aus lauter Kindern. Und alle sind sehr liebenswert.
 

Es gilt das gesprochene Wort.

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