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Woher kommt, was man sät
Heute vor 80 Jahren wurde Helmuth James Graf von Moltke hingerichtet.
23.01.2025 06:20

Als Christ hat Helmuth James Graf von Moltke den Attentatsversuch auf Hitler verurteilt. Er ist trotzdem zu einem der großen Zeugen des Widerstands gegen die Nazis geworden.  

 

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"Ich bin wie ein stiller Sämann über das Feld gegangen, und das eben will man nicht. Der Samen aber, den ich gesät habe, wird nicht umkommen, sondern wird eines Tages seine Frucht bringen, ohne dass irgendjemand wissen wird, woher der Same kommt und wer ihn gesät hat", schreibt Helmuth James Graf von Moltke in einem Brief aus dem Gefängnis in Berlin-Tegel.

Der Mitbegründer des "Kreisauer Kreises", einer Widerstandsgruppe gegen das Naziregime war seit einem Jahr in Haft. Heute vor 80 Jahren wurde er nach seinem Prozess vor dem Volksgerichtshof in Berlin-Plötzensee ermordet. Auf ausdrücklichen Befehl von Heinrich Himmler wurde seine Asche und die der mit ihm Hingerichteten auf den Rieselfeldern vor der Stadt verstreut.

Helmuth James von Moltkes Worte erinnern mich an die vielen Gleichnisse Jesu aus der Bibel, in denen vom Geheimnis des Säens die Rede ist. An das Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld denke ich, an die verschiedenen Möglichkeiten, wie Gottes Wort bei Menschen ankommt: wie auf steinigem Grund, wie auf festgetretenen Wegen, wie unter die Dornen und wie auf gute Erde.

Oder an das Gleichnis von der selbstwachsenden Saat. Es spricht davon, dass nicht einmal der Sämann selbst weiß, wie das Wachstum eigentlich zustande kommt. Und sagt, dass es mit dem, was Gott für die Welt und die Menschen will, ganz genauso ist. Ich denke aber auch daran, wie Jesus von sich selbst als dem Weizenkorn spricht, das sterben muss, damit es einmal Frucht bringt.

Ganz sicher hat Helmuth James von Moltke alle diese Geschichten und Worte vom Säen gekannt, sehr genau sogar. Denn in den Monaten seiner Haft las er beinahe nichts anderes mehr als die Bibel. Er hat sich am Ende, auf dem so ungeheuer schwer zu gehenden Weg vom Widerstand in die Ergebung, mit seinem Schicksal abgefunden.

Das Attentat vom 20. Juli 1944 hatte er scharf verurteilt. Für ihn war die Tötung Hitlers nicht mit seinem Gewissen als Christ zu vereinbaren. Und so hat er wohl innerlich eingewilligt, mit seinem Lebensschicksal im Nationalsozialismus nichts anderes tun zu können als zu säen. Als Gutsbesitzer war er ja sehr vertraut mit diesem Vorgang, mit dieser wundersamen Weise, die Dinge endgültig aus der Hand zu geben. Und trotzdem zu hoffen, dass sie irgendwann Frucht bringen.

Heute, 80 Jahre nach Helmuth James von Moltkes Tod, ist die Frucht längst zu sehen, die sein Leben und Sterben gebracht hat. Er ist einer der berühmtesten Zeugen des Widerstands im Dritten Reich geworden. Seine Hingabe und stille Einwilligung in sein Schicksal fordern mich heraus. Was hätte ich wohl getan?, frage ich mich. Und wann weiß man eigentlich, dass es Zeit wird, mit dem Säen anzufangen? Helmuth James Graf von Moltke reichte der Blick in die Bibel und auf das, was darin von Gottes Wort und Willen für die Menschen zu finden ist.

Es gilt das gesprochene Wort.

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