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In meiner Heimatstadt Kiel gibt es kaum einen Ort, der nicht an Kriege erinnert. Wer eine Stadtführung macht, hört an vielen Stellen, wie sehr Kiel im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Darüber hinaus gibt es einige Denkmale von lange zurückliegenden Schlachten. Und doch war Kiel auch einmal ein Ort, an dem Frieden geschlossen wurde. Darauf haben mich meine Kolleg*innen aus Norwegen aufmerksam gemacht. Warum ausgerechnet aus Norwegen, dazu später.
Ich bin ihrem Hinweis gefolgt und habe mich auf die Suche gemacht nach diesem Ort des Friedens in Kiel. Abseits der Hauptstraßen der Innenstadt komme ich zu einem schlichten Gedenkstein mit der Inschrift: "An dieser Stelle stand der Buchwaldsche Hof. (…) 1814 wurde hier der Kieler Frieden geschlossen."
Es war die Zeit der Napoleonischen Kriege. Fast alle Länder Europas kämpften gegeneinander. Großbritannien hatte Kopenhagen überfallen. Die Stadt wurde zu 30 Prozent zerstört. Die dänische Flotte existierte nicht mehr. "To copenhagen" war ein englisches Wort für die Zerstörung einer feindlichen Flotte im heimischen Hafen. Die Dänen schlugen sich auf die französische Seite. Und damit auch Kiel, das wie ganz Schleswig-Holstein mit Dänemark verbunden war.
Aber die Dänen und mit ihnen Kiel haben auf die falsche Karte gesetzt. Denn die Franzosen unter Napoleon verloren die Völkerschlacht bei Leipzig. Kiel wurde von den Truppen der Siegermächte besetzt. Der Oberkommandierende nahm sein Hauptquartier an eben jenem Ort ein, an dem heute der Gedenkstein steht. 7000 Soldaten zogen mit ihm in das damals kleine Kiel, das sonst nur 5000 Bewohner zählte. Eine ungeheure Last. In den Kirchen wurden Holz und Stroh gelagert. Gottesdienste mussten in der Universität gehalten werden. Doch trotz der Belastungen sollen die Kieler begeistert gewesen sein, als die ausländischen Truppen einzogen. War es die Hoffnung auf Frieden nach jahrelangem Krieg?
Wie auch immer: In Kiel wurde Frieden geschlossen. Der Friedensvertrag von Kiel ordnete das Kräfteverhältnis im Norden neu. Norwegen kam zu Schweden mit der Aussicht, in Zukunft unabhängig zu werden. Der Kieler Frieden war für die Norweger ein erster Schritt in die Freiheit und Unabhängigkeit. Darum kennen meine Norweger Kolleg*innen diesen Ort des Friedens.
Ich habe ihren Hinweis gebraucht. Vermutlich wäre ich sonst an dem Gedenkstein für den Kieler Frieden vorbeigegangen. Ja, denke ich, Orte des Friedens sind in Zeiten des Krieges schwer zu finden. Frieden muss man suchen.
Es gilt das gesprochene Wort.