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Sendung zum Nachlesen:
In dieser Woche lässt sich einiges lernen, wie man gut verhandelt. Es lohnt sich hinzuschauen, wenn man selbst Konflikte lösen möchte, sei es in der Familie, am Arbeitsplatz oder anderswo.
Am Dienstag standen sie einträchtig und freudestrahlend nebeneinander: Ursula von der Leyen für die Europäische Union und Rishi Sunak für Großbritannien. Gemeinsam und offenkundig versöhnt präsentierten sie eine Lösung für den letzten großen Brexit-Konflikt: das Nordirland-Protokoll.
Zwischen Nordirland und der Republik Irland verläuft eine Grenze, die soll für Menschen keine sein, für Waren aber schon. Wie kann das gehen? Das war die komplizierte Frage. Und nun gibt es eine Übereinkunft. Dazu gehören viele Details. Aber im Kern lautet die Lösung: vertrauensvolle Zusammenarbeit. Die Briten lassen die EU-Zöllner in ihre Karten schauen. Anhand dessen dürfen Waren für Nordirland unkontrolliert passieren und Waren für die EU werden kontrolliert. Diese Lösung muss noch von den Parlamenten gebilligt werden, heimst aber bereits jetzt Lob von vielen Seiten ein. Diese Lösung tauchte auf wie aus dem Nichts – ein Paukenschlag des Friedens. Wie kam es dazu?
Konflikte haben zumeist drei Ebenen. Die muss man in den Blick nehmen, wenn man eine Lösung finden will.
Ebene eins ist die Sachlage. Sie umfasst die unterschiedlichen Interessen beider Parteien. Dafür haben die EU und Großbritannien jetzt kreative Lösungen gefunden, denn sie wollten es. Ganz nach dem biblischen Motto: „Prüfet alles und das Gute behaltet.“ (1)
Ebene zwei ist die Beziehung zueinander. Sie war bislang geprägt von gegenseitigem Misstrauen und von Kränkungen aus der Vergangenheit. Nun wurde Vertrauen geschaffen – durch monatelange geheime und konstruktive Verhandlungen. Man wollte Frieden schließen. Ganz nach dem biblischen Motto: „Ist´s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden.“ (2)
Warum war dies plötzlich möglich? Weil sich auf der Ebene drei etwas verändert hat. Das ist die Ebene der Hidden Agenda, der Nebeninteressen, die unausgesprochen bleiben aber stark mitschwingen. Im Fall des Brexits war der Streit mit der EU nützlich, um sich innenpolitische Vorteile zu verschaffen. Doch inzwischen sind die Probleme auf der Welt so groß geworden – Klima, Wirtschaft, Krieg –, die kann man nur gemeinsam bewältigen. Dagegen wirkt der Brexit-Streit zu klein gedacht. Hinter der nun gefundenen Lösung steht also politische Vernunft. Die ist ein hohes Gut und genügt dafür.
Für das Leben in seiner geistlichen Tiefe braucht es mehr. Da verbindet sich Vernunft mit der Bereitschaft zur Versöhnung. Ein großes Wort - zugegeben. Die ganz große Geste der Versöhnung beschreibt die Bibel so: „Gott war in Christus … und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung.“ (2) Darin finden Mensch und Gott wieder zueinander.
Doch wie finden Menschen wieder zueinander? Zurück zu den eingangs genannten zwischenmenschlichen Konflikten: Wenn ich da eine Annäherung suche und den Konflikt sogar lösen will, brauche ich einen vernünftigen und zugleich empathischen Blick. Und wahrscheinlich noch mehr: mich bereitfinden zur Versöhnung. In dieser Haltung achte ich auf die drei genannten Ebenen:
Erstens: Um was geht es in der Sache? Wie lassen sich hier gemeinsam Lösungen finden? Wie es die Bibel beschreibt: Alles prüfen, das Gute behalten.
Zweitens: Was empfinden die Konfliktparteien füreinander? Erst wenn Vertrauen gewachsen ist, wird man vorankommen. Dazu gehört, dass man miteinander redet, statt übereinander. Dass man die Wahrheit sagt und verlässlich ist. Die Bibel ermuntert: „So viel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden.“
Drittens: Welche geheimen Neben-Ziele verfolgen die Konfliktparteien? Erst wenn sie nicht mehr gegen eine Lösung stehen, wird es eine geben.
Es gilt das gesprochene Wort.
(1) 1.Thessalonicher 5,21
(2) Römer 12,18
(3) 2.Korinther 5,19
Es gilt das gesprochene Wort.