Atomares Endlager in der Schweiz

Atomares Endlager in der Schweiz

epd-Bild / Rolf Zöllner

Atomares Endlager in der Schweiz
Gedanken zur Woche von Pastor Oliver Vorwald
16.09.2022 - 06:35
11.06.2022
Oliver Vorwald
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Die Gedanken zur Woche im DLF.

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Danke, liebe Eidgenossen in der Schweiz. Die Präsentation Eurer Atomendlager-Pläne nahe der deutschen Grenze kommt genau zum richtigen Zeitpunkt.[i] Die Diskussion darüber erinnert uns an die Hypothek dieser Energiequelle - mitten in der Debatte um eine Laufzeitverlängerung der verbliebenen deutschen Atomkraftwerke.

Die Last der Atomkraft ist gigantisch; in finanzieller, zeitlicher und ökologischer Hinsicht. Allein die Baukosten für ein Endlager lassen sich nur schwer beziffern, aber sie dürften in die Milliarden gehen.[ii] Wem da nicht schwindelig ist, der wird es spätestens bei der zeitlichen Dimension. Denn die menschengemachten Anlagen und Sicherheitssysteme müssen länger als eine Million Jahre funktionieren, so groß sind die Halbwertzeiten der radioaktiven Strahlung. [iii]  Das ist selbst für jemanden wie Gott, der laut Psalmen tausend Jahre wie einen Tag erlebt, ein langer Zeitraum. Und niemand garantiert,  dass alles gut geht. In Morsleben oder Asse II gab es schon Mängel: Durch Risse ist Wasser eingesickert, hat eine giftig-tödliche Salzlauge herausgewaschen.

Die Atomkraft trägt ein enormes Risiko in sich. Die Reaktorkatastrophen Tschernobyl und Fukushima haben sich tief in das kollektive Gedächtnis eingebrannt. Nicht umsonst engagieren sich seit Jahrzehnten Millionen Menschen für den Ausstieg aus der Kernenergie. Den Beschluss des Bundestages zum Ausstieg aus der Atomkraft halte ich noch immer für richtig. Wirtschaftlich, ökologisch, mit Blick auf die Zukunft.

Nun kann es in diesem Winter aber tatsächlich knapp werden mit Wärme und Strom, wegen der ausbleibenden russischen Gaslieferungen. Zwei der noch verbliebenen Atomkraftwerke in einem Reservebetrieb weiterlaufen zu lassen, kann helfen. Aber angesichts der Kosten und Risiken – bitte keine neuen Brennstäbe. Keine Laufzeitverlängerungen. Kein schleichender Abschied vom Ausstieg. Um der Zukunft willen.

Dass Handwerksbetriebe und Industrie sich wegen Russlands Energiekrieg um ihre Produktion und unsere Arbeitsplätze sorgen kann ich gut verstehen. Ebenso, dass Menschen sich vor Stromausfällen und kalten Wohnungen fürchten. Aber der kurzfristige Nutzen wiegt das Risiko nicht auf, das die Atomkraft kommenden Generationen hinterlässt.

Außerdem: Es ist nicht allein die russische Politik, die uns in diese Lage gebracht hat. Die Atomkraft selbst hat daran einen großen Anteil. Der Hitzesommer hat die Wasserpegel der großen Flüsse drastisch gesenkt, sodass französische Atomkraftwerke nicht mehr ausreichend gekühlt werden konnten und vom Netz genommen werden mussten. Hinzu kommen gravierende Sicherheitsmängel, Reparaturen sind notwendig. Deshalb exportiert Deutschland nun Strom nach Frankreich. 

„Atomkraft, nein danke!“ Wir haben nur diese eine Erde. Auch wenn dieser Satz ein wenig nach Kinderbibel klingt, für mich bleibt er richtig und wegweisend. Wir sollen diese Welt bebauen und bewahren, so formuliert es die Schöpfungsgeschichte in der Bibel als Auftrag an die gesamte Menschheit.

Zuversichtlich macht mich der Mut der Aktivistinnen und Mitglieder von Fridays for Future. Vom Bundestag fordern sie ein zweites Sondervermögen für den Klimaschutz – wie das für die Bundeswehr in einer Höhe von 100 Milliarden Euro. Damit soll der Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigt werden. Und das wird die Preise senken, ohne atomare Endlager als Hypothek.
Und jetzt, vor dem Winter, setze ich lieber auf das Sparen. Der Großhandelspreis von Erdgas fällt bereits leichtiv – und das auch, weil Industrie und Verbraucher schon erfolgreich sparen und die Nachfrage verringern, meinen die Analysten der US-Investmentbank Goldman Sachs.
Kluges Investieren, vertretbares Haushalten – so möchte ich den biblischen Auftrag zum Bebauen und Bewahren verstehen. Und damit sollten wir nicht nur über den Winter kommen, sondern auch in eine gute Zukunft.

Diskutieren Sie mit, auf Facebook unter „Evangelisch im Deutschlandradio“.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

 

[iii] Art. D. Eidemüller: 6 Fakten über unseren Atommüll und dessen Entsorgung, Spektrum der Wissenschaft 27.04.2015. https://www.spektrum.de/wissen/6-fakten-ueber-unseren-atommuell-und-dessen-entsorgung/1342930 und Quelle: https://www.kernenergie.ch/de/faq-detail-821.html
 

iv Art. J. Guldner, Z. Zacharakis: Warum sinkt der Gaspreis wieder?, https://www.zeit.de/wirtschaft/2022-09/energiekrise-gaspreis-rueckgang-marktpreis-erdgas

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11.06.2022
Oliver Vorwald