Eines Tages wird es vorbei sein

Regenbogen über dem Meer

Gemeinfrei via pixabay/ Cleverpix

Eines Tages wird es vorbei sein
Corona und die Arche Noah
05.03.2021 - 06:35
04.03.2021
Ulrike Greim
Über die Sendung

Die Gedanken zur Woche im DLF.

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Sendung zum Nachlesen:

„Solange die Erde steht soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“

So spricht Gott am Ende der Katastrophe, als alles überstanden ist. Da beschließt er, dass er weitermachen will mit diesen Menschen, die er geschaffen hat. Und selbst wenn das Dichten und Trachten ihres Herzens böse ist, will er dennoch an ihnen festhalten. Die Erde wird sich weiterdrehen. Im Rhythmus der Zeiten.

Diese Zusage steht am Ende einer Geschichte, die eigentlich als Weltuntergang gedacht war. Denn Gott wollte die Menschen hinwegspülen mit der großen Flut, weil sie unbelehrbar sind, weil sie dauernd in die falsche Richtung laufen. Deswegen: die Sintflut. Überleben sollten nur Noah und seine Familie, und von jedem Tier auf Erden ein Paar.

Am Ende der großen Flut also: die überraschende Zusage. Gott malt den Regenbogen in den Himmel, nicht nur einmal, immer wieder. Schaut hin: Ich meine es ernst. Die Flut ist vorbei. Das Leben kehrt zurück. Die Erde wird sich weiterdrehen. Sie behält ihren Rhythmus. Ihr werdet leben.

Manche Geschichten, finde ich, muss man vom Ende her erzählen, weil nur vom Ende her die Kraft kommt, sie zu ertragen.

Das Leben wird zurückkehren. Die Erde wird sich weiterdrehen. Gott will, dass wir leben.

Diese Aussicht brauchen wir. Vermutlich steht sie auch deswegen so weit vorn in der Bibel, im ersten Mosebuch, damit das schon einmal klar ist, bei allem, was dann noch kommt.

Diese Aussicht, „Es wird einmal vorbei sein“, die fehlt mir in dieser Coronazeit, sie fehlt mir in vielen, vielen Statements zur aktuellen Situation, und sie fehlt mir in der Berichterstattung darüber. Unbesiegbarer Pessimismus hat Konjunktur.

Leicht hat es keiner mit Corona. Auch die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten und die Kanzlerin haben es sich in dieser Woche nicht leicht gemacht. War je der Druck schon einmal so groß? Der Druck der Verzweifelten? Der Druck der Ungeduldigen, und jetzt zunehmend auch der Druck der Gutmütigen?

Nach einem Jahr sind so ziemlich alle weichgekocht. Es soll jetzt endlich ein Ende haben mit der Pandemie, mit dem Lockdown. Die Kameras fahren nah ran an die Gesichter derer, die jetzt vor der Insolvenz stehen. Und alle wissen: Es ist allerhöchste Zeit.

Was kann man tun?

Tasten, probieren, und dennoch das Virus im Blick behalten, seine Mutanten, die steigenden Zahlen.

Gegen Ende der Sintflut wusste es Noah auch nicht: Wann ist es Zeit, aus der Arche zu kommen? Er hat einen Raben losgeschickt, der hilflos herumflatterte, später dann eine Taube, die erschöpft zurückkam, weil sie keinen Ast fand, um auszuruhen. Noah musste weiter warten, dann schickte er wieder eine Taube. Zitat: „Sie kam zu ihm um die Abendzeit, und siehe, sie hatte ein frisches Ölblatt in ihrem Schnabel. Da merkte Noah, dass die Wasser sich verlaufen hatten auf Erden. Und er harrte noch weitere sieben Tage.“ (1. Mo 8, 11) Dann erst tut er das Dach der Arche auf und geht an Land, baut einen Altar und dankt Gott. Dann kommt der Regenbogen.

Angst war schon immer eine schlechte Ratgeberin für öffentliche Kommunikation.

Motivieren kann die Aussicht, dass es eines Tages vorbei sein wird. Nicht nur als Illusion, sondern als sichere Zuversicht. Wir werden wieder rausgehen können, wir werden uns treffen, wir werden Feste feiern, wir werden auf Hochzeiten tanzen und auch auf großen Beerdigungen nah beieinanderstehen und weinen. Wir werden uns an den Händen halten. Wir werden uns zu den Geburtstagen in die Arme nehmen und feste drücken.

Wir werden einander ins Gesicht sehen können – in das ganze Gesicht – und werden lachen. Und sehen, wie die anderen lachen. Und wir werden singen, laut und fröhlich. Endlich werden die Orchester wieder spielen und wir werden rasend applaudieren. Schon, weil es wieder möglich ist. Und wir werden in Cafés dicht bei dicht sitzen und erzählen, wie alles so war, damals im Lockdown. Wie lang die Haare waren und wie ausgebeult die Trainingshose, wie super die Youtube-Tutorials von xy und wie wichtig das Telefon. Wie viel wir gelernt haben über uns selbst und das, was wir brauchen. Und wie unbezahlbar Solidarität ist.

So wird es sein. Amen.

Sie können gerne mit mir darüber reden auf Facebook unter „Evangelisch im Deutschlandradio“.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

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04.03.2021
Ulrike Greim