Heilsame Globalisierung

Globus, der von Händen gehalten wird

Gemeinfrei via Unsplash/ Fateme Alaie

Heilsame Globalisierung
Global die Pandemie bekämpfen
30.10.2020 - 06:35
Über die Sendung

Die Gedanken zur Woche im DLF.

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„Wie sollen wir diese Zeit überstehen? Wann wird das Leben endlich wieder normal?“ Wir sind nicht die ersten, die solche Fragen umtreiben. Die biblischen Psalmen sind voll davon: Menschen klagen Gott ihr Leid. Lange und ausführlich. Dann erinnert sich einer von ihnen: „Gottes Hilfe ist nahe denen, die ihn fürchten!“ (Psalm 85,10) So haben das unsere Vorfahren erlebt. Kann so etwas wie „Gottesfurcht“ heute helfen?

In dieser Woche fand in Berlin der „World Health Summit“ statt. Medial erstaunlich geräuschlos, obwohl es der wichtigste Gesundheitskongress weltweit ist. Mehr als 2500 Teilnehmer aus über 100 Ländern haben sich getroffen - diesmal unter Coronabedingungen und zum Thema Corona-Pandemie. Nur wenige Wissenschaftler, Politiker und Vertreter von NGOs waren vor Ort. Die entscheidenden Reden wurden per Videoschalte gesprochen. Offen und zugänglich für alle – man kann sich die Reden kostenfrei im Internet anschauen und dem Kongressverlauf folgen. (1)

Diese Reden habe ich mir angehört. Und bin voller Respekt. Respekt vor der Kompetenz der Redner und vor ihrer ethischen Haltung. Was hier passiert, ist eine im wahrsten Sinn des Wortes „heilsame Globalisierung“.

Heilsam, weil alle miteinander daran arbeiten, wie Menschen geheilt und Menschenleben gerettet werden können. Hier tauschen sich nicht nur Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über ihre Forschungsergebnisse aus. Sie beraten sich, auch Politiker und Unternehmer, darüber, wie ihre Erkenntnisse zum Wohl der Menschen praktisch umgesetzt werden können.

Die Botschaft des „World Health Summit“: Wir haben eine begründete Hoffnung, dass im kommenden Frühjahr ein wirksamer Impfstoff zur Verfügung stehen wird.
Und: Wir appellieren an alle Politiker und Unternehmer, diese gerecht zu verteilen. Denn wir können eine globale Pandemie nur global eindämmen. Sehr eindringlich haben die Redner dafür geworben, keinen „Impfstoffnationalismus“ zu betreiben, also Impfstoffe an die Meistbietenden zu verkaufen. Impfstoffe sind „global public good“, ein Allgemeingut, das jedem Menschen auf der Welt zusteht.

Mein Land zuerst! Diese Haltung ist nicht nur ethisch fragwürdig. Sie ist dumm. Denn was nützt es einer coronafreien Nation, ihre Produktion wieder hochzufahren? Wenn die Wirtschaft in den anderen Ländern darniederliegt, ist eine coronafreie Nation gefangen in ihren eigenen Grenzen. Und sie findet weder Partner noch Zulieferer noch Kunden. Denn die leben nun mal zum größten Teil im Ausland.

Ein friedvolleres Leben nach Corona - das gibt es nur im Doppelpack mit Gerechtigkeit. Mit Verteilungsgerechtigkeit. Die ist für die Wissenschaftlerinnen und Experten ein Gebot der Vernunft.

Für mich hat solche Gerechtigkeit auch etwas mit „Gottesfurcht“ zu tun. Gottesfurcht erinnert mich daran, dass die Welt größer ist als meine engen Grenzen mir vorgaukeln. Und: der Gott, an den ich glaube, will Gerechtigkeit. Nur mit Gerechtigkeit zusammen ist Frieden möglich.

Das gilt in der großen Politik genauso wie im Alltag. Gerecht ist in diesem Sinn aber nicht, dass ich alles bekomme, was Andere auch haben. Gerechtigkeit im biblischen Sinn ist zuerst die Gerechtigkeit für die, die am Rand des Existenzminimums stehen. Sie nicht fallen lassen, ihnen zu helfen, das ist Gerechtigkeit im Sinn der Bibel.

Ab Montag werden bei uns wieder verschärfte Schutzmaßnahmen gelten. Dann wird es wieder Menschen unter uns geben, die besonders auf diese Gerechtigkeit angewiesen sind. Und das ist eine gemeinschaftliche Aufgabe, wir dürfen sie nicht allein lassen: die Menschen, die in der Gastronomie und in der Touristik arbeiten, das Pflegepersonal und die Kulturschaffenden.

Gelingt uns solche Gerechtigkeit, im Großen wie im Kleinen, dann – so der biblische Psalm - dann „wohnt Ehre in unserem Land. Dann begegnen sich Güte und Treue. Und Frieden und Gerechtigkeit küssen sich“ (Psalm 85,10 f). Ganz ungehemmt und ohne Maske.

Und das ist doch eine wirklich gute Botschaft, oder? Diskutieren Sie mit, auf Facebook, unter „Evangelisch im Deutschlandradio“.

Es gilt das gesprochene Wort.

 

Literaturangaben dieser Sendung:

Alle insgesamt 50 Keynotes, Panel-Diskussionen und Workshops des World Health Summit sind online verfügbar und kostenfrei und können über folgenden Link im Programm abgerufen werden: (http://www.conference.worldhealthsummit.org/Program/WHS2020)

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