Aint No Grave - Johnny Cash

Morgenandacht

Gemeinfrei via unsplash/ Bruno Emmanuelle

Aint No Grave - Johnny Cash
12.09.2022 - 06:35
11.06.2022
Oliver Vorwald
Sendung zum Nachhören

Feedback zur Sendung? Hier geht's zur Umfrage! 

Die Sendung zum Nachlesen: 

„Dein eigener Jesus. Jemand, der deine Gebete erhört. Der sich wirklich um dich sorgt. Strecke dich aus, berühre den Glauben.“ So singt es der 70jährige Johnny Cash zur Gitarre in „Personal Jesus“. Altersschwer, aber aus tiefer Seele und mit einer Intensität, die mich jedes Mal wieder packt, wenn ich diese Platte auflege. „Personal Jesus“ findet sich auf dem Album „When the Man Comes Around“. Es kommt 2002 in den Handel. Wenige Monate darauf ist Johnny Cash tot. Er stirbt am 12. September 2003, heute vor 19 Jahren.

 

„When the Man Comes Around“. Zu Deutsch: „Wenn der Menschensohn erscheint“. Das Album gehört zur Reihe der American Recordings, den amerikanischen Aufnahmen. Sie entstehen zwischen 1994 und 2003. Einen Großteil nimmt Johnny Cash im eigenen Studio auf, einer Blockhütte auf seiner Farm. Die Umstände arbeiten gegen ihn. Das Alter, die Gesundheit. Johnny Cash ahnt, dass ihm nur noch wenig Zeit bleibt. Zuletzt ist er so schwach, dass er im Rollstuhl sitzt, singt und spielt.

Zum Repertoire von „When the Man Comes Around“ gehören Gospel, Countrysongs und Interpretationen bekannter Rock- und Poptitel von Bands wie Simon & Garfunkel, Tom Petty and the Heartbreakers, U2, Depeche Mode. Es sind grandiose, berührende Versionen. Eine Besonderheit liegt in der reduzierten Produktion, sie ist zurückgenommen, minimalistisch, oft nur mit Gitarre oder Klavier.

 

Was mich aber am meisten fasziniert, ist die Stimme von Johnny Cash. Sie klingt brüchig, lebensmüde. In manchen Liedern kippt sie, bäumt sich dann wieder auf gegen die heraufziehenden Schatten. Stolz, Demut, Abstürze, Glaube, Hoffnung, Liebe. Alles liegt darin, alles ist zu hören. Mit dieser gefühligen Stimme macht er die Lieder anderer Bands zu seinen Songs, und erschließt sie mir neu, anders, tiefer. Das erlebe ich beim „Personal Jesus“ von Depeche Mode.

Eigentlich geht es in diesem Lied um die Hingabe zwischen zwei Menschen, die Erotik einer Liebe. Johnny Cash verwandelt den Song in einen Gospel, ein geistliches Lied. Mit seiner altersschweren Stimme erzählt er, wie elementar wichtig es für ihn ist, seine persönliche Beziehung zu Jesus gefunden zu haben. „Personal Jesus“. Einander zum Christus werden, nennen das die Reformatoren[1]. Auch Martin Luther hat so geglaubt. Darauf kommt es an in diesem Leben. Denn das Wort, das dich aufrichtet, kannst du dir nicht selber sagen.

 

„Strecke dich aus, berühre den Glauben.“ „Personal Jesus“. Diese persönliche Gottesbeziehung hat Johnny Cash sein ganzes Leben lang getragen – bis zu seinem Tod am 12. September 2003. Sein letztes zu Lebzeiten erschienenes Album erzählt davon. „When the Man Comes Around“ ist ein spirituelles, ein durch und durch christliches Gesamtkunstwerk. Ein Glaubenszeugnis, besonders für die, die auf dem Weg ins Alter sind. Kein Abgesang, sondern der Auftakt. Letzte Aufnahmen vor der Ewigkeit für die Ewigkeit.

Und dann wäre da noch dieser Brief von ihm auf der Rückseite von Album III der American Recordings Reihe, Solitary Man, einsamer Mann. Da schreibt Johnny Cash an seine Fans: „Der Schöpfer des Lebens ist gut zu mir gewesen. Die Zukunft ist für mich ein Pfad aus Licht. Die Liebe und das Leben gehen weiter…[2]

 

[1] vgl. Röm 15,7 und Martin Luther, Von der Freiheit eines Christenmenschen

[2] Quelle: American III, Solitary Man

Es gilt das gesprochene Wort.

 

 

11.06.2022
Oliver Vorwald