Hananias und Saphira

Morgenandacht

Gemeinfrei via Unsplash/ Towfiqu barbhuiya

Hananias und Saphira
Morgenandacht von Pfarrer Jörg Machel
13.04.2023 - 06:35
01.02.2023
Pfarrer Jörg Machel
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Hananias hat gelogen. Er hat behauptet, sein ganzes Geld der Gemeinde gespendet zu haben. Hat er nicht. Dabei war es unter den ersten Christen üblich, seinen gesamten Besitz in die Gemeinde einzubringen. Die Gemeinde lebte in Gütergemeinschaft. Die viel hatten, brachten viel ein und so war auch genug für die da, die mittellos zur Gemeinde kamen. Das neutestamentliche Modell eines urchristlichen Kommunismus.

Für die späteren Kommunisten allerdings kein Vorbild, denn es speiste sich aus dem Glauben und nicht aus dem Klassenkampf. Doch auch Christen fremdeln mit diesem Gemeindemodell. Das sei nur aus der Zeit heraus zu erklären. Ein Vorbild für die eigene Existenz sieht man darin jedenfalls nicht.

Vielleicht auch deshalb nicht, weil schon am Beginn vom Scheitern die Rede ist. Das kann man in der Apostelgeschichte (Apg. 5, 1-11) nachlesen. Erzählt wird, dass Hananias und seine Frau Saphira behaupteten, all ihren Besitz in die Gemeinde eingebracht zu haben. In Wahrheit aber hatten sie etwas zurückgehalten. Sie lebten mit einem finanziellen Sicherheitskissen in der ansonsten völlig egalitären Gemeinschaft.

Petrus scheint dahinter gekommen zu sein. Und als ihn die beiden auf Nachfrage belügen, trifft sie das göttliche Strafgericht, und sie fallen tot zu Boden. So steht es tatsächlich im Neuen Testament. Mit Gott spielt man nicht, so schimpft Petrus ihnen noch hinterher. Die ganze Gemeinde erzitterte. Nun wussten alle, was zu erwarten ist: wenn es um Defizite in der Kirchenkasse geht, da kennt Gott kein Erbarmen.

Ich erzähle die Geschichte immer dann, wenn jemand gar zu vollmundig das Christentum als Religion der Liebe und der Gnade verklärt. Nein, auch wir Christen reihen uns ein in die Gesamtheit der Religionen mit Licht- und Schattenseiten.

Damit hat sich die Geschichte von Hananias und Saphira für mich noch nicht erledigt. Unbestreitbar ist: die beiden haben gelogen. Sie haben die Regel verletzt, dass in der Gemeinde allen alles gehört. Nur weil manche deutlich mehr geben, als sie selbst für sich brauchen, reicht es am Ende für alle. Man wird gewusst haben aus welchen Verhältnissen Hananias und Saphira kamen. Wahrscheinlich haben die beiden mehr eingebracht als die meisten in der Gemeinde, aber das war eben nicht alles.

Verstehen kann ich sie. Hananias und Saphira geben die Sicherheit ihrer Herkunft auf und lassen sich auf ein Experiment mit unsicherem Ausgang ein. Doch wenn das alles misslingt? Und wenn immer mehr Leute ohne Einkommen dazu stoßen und das Unternehmen Urgemeinde in die Insolvenz gerät? Dann stehen sie mittellos da. Wenigstens genug für einen Neuanfang wollen sie doch zurückhalten. Man kann es später ja noch einbringen, wenn alles klarer ist.

Korrekt ist das nicht. Da hat Petrus recht. Aber wenn er sagt, ihr hättet doch zugeben können, dass ihr da noch ein Sparschwein in Reserve habt – dann klingt das bigott in meinen Ohren. Offenbar gab es diese Kultur der Ehrlichkeit selbst in der Urgemeinde nicht.

Es wird Gründe gegeben haben, dass Hananias und Saphira mit einer schwarzen Kasse operiert haben. Alle geben alles und nur dieses eine begüterte Paar besteht darauf, sich eine Rückfahrkarte zu sichern? Wer hätte so viel Mut und Ichstärke, das gegenüber der Gemeinde zu vertreten?

Hananias unsd Saphira werden vorgeführt und das im wahrsten Sinne des Wortes. An ihnen wird ein Exempel statuiert. Ob das aber nun dazu führt, dass künftig jeder seine Ängste offenlegt und über seine Zweifel am Experiment Urgemeinde offen spricht? - Ich zweifle daran!

Meine Vermutung ist vielmehr, dass mit dieser Geschichte vor allem Angst geschürt wurde. Auf die österliche Freude der Auferstehung fällt durch diese nachösterliche Geschichte aus der Frühzeit des Christentums ein ganz dunkler Schatten.

Es gilt das gesprochene Wort.

01.02.2023
Pfarrer Jörg Machel