Sei stark!

Morgenandacht
Sei stark!
23.01.2021 - 06:35
18.01.2021
Stephan Krebs
Sendung zum Nachhören

Die Sendung zum Nachlesen: 

„Quäl dich, du Sau!“ Das ruft der Radprofi Udo Bölts 1997 seinem Teamkapitän zu. Der heißt Jan Ulrich und führt gerade das Gesamtklassement der Tour de France an. Aber er schwächelt. Um den Sieg nicht zu verspielen, soll er nun alles aus sich herausholen. Deshalb: „Quäl dich, du Sau!“ Der Satz wurde zum geflügelten Wort, nicht nur unter Radsportlern.

 

Durch Qual zum Erfolg. Das gibt es auch unter besonders frommen Menschen. Manche quälen sich, um Gott möglichst gut zu gefallen. Bekannt sind dafür die Geißler-Züge im Mittelalter – Menschen, die sich mit Peitschen selbst blutig geschlagen haben. Sie wollten die Schmerzen des ausgepeitschten Jesus nachempfinden. Und hofften, auf diese Weise eine Schuld tilgen zu können und Strafen von sich abzuwenden. Auch der spätere Reformator Martin Luther hat sich auf diese Weise gequält, bevor er auf die rettende Idee kam, dass Gott ganz anders ist.

Dennoch: Reste von diesem Grundgedanken findet man unter Christen in Ansichten wie dieser – dass Gott es mag, wenn man auf vieles verzichtet und sich mit viel Arbeit abrackert.

 

„Quäl dich, du Sau!“ Eigentlich ist das nur die derbe Variante von „Sei stark!“ Das hört man öfter. Auch im Alltag:

Damit feuern Freunde jemanden an, dem das Leben über den Kopf wächst.

„Sei stark!“ Mit diesen Worten muntern mitfühlende Familienmitglieder jemanden auf, der einen geliebten Menschen verloren hat. Damit beschwören auch Kollegen diejenigen, die sich von der Arbeit überfordert fühlen. „Sei stark!“ Wer das sagt, meint es gut, will helfen, Reserven zu mobilisieren und in der schwierigen Situation gut zu bestehen.

„Sei stark!“ Ist das eigentlich ein Befehl? Ein Ausdruck des Mitgefühls? Eine Beschwörung? Vielleicht von allem etwas. Jedenfalls eine Durchhalteparole. Aber kann man auf Ansage stark sein, wenn man gerade schwächelt?

 

Im Sport geht das. Die Teamkameraden, die Zuschauer, der eigene Ehrgeiz - die holen noch ein Quäntchen mehr aus einem heraus. Das kann zum Sieg reichen.

 

Aber im sonstigen Leben? Viele Menschen versuchen das. Es gibt dafür verschiedene Methoden. Zum Beispiel hartes Training - wie im Sport. Oder Programme, mit denen man sich selbst optimieren kann. Der Wille und die Kraft des Menschen können weit reichen. Manchmal aber auch nicht, beim besten Willen nicht.

 

Wie weit man auch immer kommt: Am Ende stößt man an seine Grenze. Da begegnet man dem Unverfügbaren. Wie man sein eigenes Leben nicht geschaffen hat, so kann man seine Seele nicht neu erfinden und auch nicht aus seiner Haut heraus. Darauf haben die Selbstoptimierungsprogramme zumeist nur eine Antwort: „Sei noch stärker! Quäl dich noch mehr!“

 

Auch im christlichen Glauben kann man das Leben sportlich sehen. Der Apostel Paulus vergleicht das Leben mit einem Wettlauf, bei dem man alles geben soll. Die Sportarten dafür heißen allerdings anders, nämlich Respekt, Barmherzigkeit, Nächstenliebe und manche mehr. Aber unterwegs auf der Strecke faucht Gott einen nicht an: „Quäl dich, du Sau!“ oder „Sei stark!“.

 

Stattdessen läuft Gott mit - und liebt. Gott ist sein Anliegen so wichtig, dass er sich dafür selbst gequält hat. In Jesus hat sich Gott der menschlichen Gewalt ausgesetzt, bis zum Tod am Kreuz. Da quält Gott sich selbst, damit die Menschen es nicht mehr tun müssen, nicht sich und auch nicht andere. Damit niemand mehr an Gottes Liebe zweifelt. Alle sollen sich in diese Liebe hineinfallen lassen können.

 

Der christliche Glaube setzt also weniger auf Durchhalteparolen, sondern auf die Zusage: „Sei der Liebe Gottes gewiss!“ Die kann enorme Kräfte wecken – zum Weitermachen, zum Lieben, zum Verzeihen, zum Durchhalten. Stärke - entsteht auch aus Liebe.

 

Bibelnachweis: 1. Korinther 9,24ff

 

Es gilt das gesprochene Wort.

18.01.2021
Stephan Krebs