Yoga in der Kirche

Morgenandacht
Yoga in der Kirche
19.09.2018 - 06:35
04.07.2018
Julia Heyde de López
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Den „Sonnengruß“ üben – direkt vor dem Altar. Yoga in der Kirche? Als ich von dem Angebot hörte, wurde ich neugierig. Ist Yoga im Kirchenraum anders als im Studio? Wie passt diese sportliche Meditationspraxis zum christlichen Glauben? Geht das überhaupt zusammen? Yoga in der Kirche ist ein Angebot der Jugendkirche in Flensburg. Also fuhr ich hin und traf Saskia Behrmann. Sie leitet die Flensburger Jugendkirche, und ist ausgebildete Yogalehrerin. Gleich zu Beginn unseres Gesprächs erklärt sie mir, warum das gut funktioniert. Und zitiert dazu einen amerikanischen Yogi, der sogar meint, ein Christ werde durch das Yoga ein besserer Christ. Yoga festige den eigenen Glauben, die innere Stabilität des Menschen. Die junge Frau mit den hellen kinnlangen Haaren scheint ganz in sich zu ruhen, als sie mir von ihren Erfahrungen erzählt. Saskia Behrmann praktiziert Yoga seit zwölf Jahren. Es hat sie in schwierigen Lebensphasen „gerettet“, sagt sie, getröstet.

 

„Also, ich hatte zu der Zeit überhaupt keine Verbindung zu meinem Körper. (…) und fühlte mich wie vielleicht viele junge Frauen, so ein bisschen zu dick, irgendwie unförmig, hab eher versucht, alles zu kaschieren und bin in mich eingefallen, meine Schultern hingen nach vorne und ich hab mich eher für mich geschämt, als dass ich selbstbewusst im Raum stand. Durch das Yoga hab ich zuallererst ein gutes Körpergefühl bekommen. Ich begann, aufrechter zu stehen, mein Rücken wurde gestärkt, ich hatte überhaupt keine Rücken- und Nackenprobleme mehr, und das hat mir schon mal ein gutes Selbstbewusstsein gegeben...“

 

Auch wurde sie mit der Zeit immer ruhiger und gelassener. All das will sie jetzt weitergeben. Einmal im Monat rollt sie die Yogamatten in der Kirche aus. Bevor sie die Teilnehmenden mit Sonnengruß und anderen Übungen in Schwung bringt, gibt es erst einmal eine Tiefenentspannung und Meditation. Die wird eröffnet mit dem Kyrie-Ruf, also der Bitte um Gottes Erbarmen. Und den singt sie auch, wenn sie ganz allein Yoga praktiziert:

 

„Ja, also, ich beginne und beende die Meditation immer mit einem (singt): Kyrie Eleisonnnn. Und dann sprech ich tatsächlich auch ganz klassisch das Vaterunser, weil ich mich so sehr verbunden fühle mit diesem Gebet, das ich schon seit dem Kindergarten spreche – und bin generell fast ständig im Gebet, würde ich sagen, oder in einem Kontakt zu Gott. Für mich ist eigentlich der Alltag durchflutet davon, dass ich mich auf eine Art und Weise führen lasse von Gott, mich sozusagen einer inneren Führung hingebe und demnach handle.“

 

Das Gespräch mit der Yogalehrerin ist meine erste Begegnung mit dieser Trendsportart, die doch so viel mehr zu sein scheint. Eine Lebensform, deren Praxis einige Schnittmengen mit dem christlichen Glauben aufweist.

 

„Also, die oberste Regel im Yoga heißt: Ahimsa. Das bedeutet „Nicht verletzen!“ Und das bedeutet, ich soll keinen Menschen verletzen verbal sowie gedanklich nicht und auch kein Tier, also ist eine vegetarische oder vegane Ernährung im Yoga eigentlich Standard, und auch auf alle möglichen ökologischen Fragen, ökonomischen Fragen usw. bezogen ist Ahimsa die erste Regel.“

 

In meinen Ohren klingt das wie die Aufforderung Jesu, den Nächsten zu lieben wie sich selbst. Ich höre auch das „Selig sind die Sanftmütigen“ der Bergpredigt heraus. Und den Aufruf, die Schöpfung zu schützen. Die Atemübungen im Yoga, sagt meine Gesprächspartnerin, verbindet sie mit dem Atem Gottes, der Leben schenkt. Die Körperübungen erinnern an das Paulus-Wort, unser Leib sei ein Tempel des Heiligen Geistes.

 

Ein paar Wochen nach dieser Begegnung habe ich mich dann auch für einen Yogakurs angemeldet. Ich war neugierig, ob sich meine Eindrücke aus dem Gespräch bei mir selbst bestätigen würden. Nun lerne ich also den Sonnengruß, den herabschauenden Hund und die Kobra. Es ist anstrengend, zugegeben. Aber es geht nicht um Leistung. Die Mischung aus fordernden Bewegungsfolgen, gehaltenen Positionen und angeleiteter Entspannung erdet meinen Körper und macht den Kopf leichter. Anderthalb Stunden tiefes Durchatmen. Hinterher spüre ich eine große Dankbarkeit, die ich für meinen Teil in Richtung Himmel schicke. Eine bessere Christin bin ich wahrscheinlich noch nicht geworden. Aber eine entspanntere.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

04.07.2018
Julia Heyde de López