Alles gut!

Wort zum Tage
Alles gut!
18.02.2016 - 06:23
11.01.2016
Pfarrerin Barbara Manterfeld-Wormit

„Alles gut!“ Die beiden Worte lassen mich erleichtert aufatmen. Mein Herz hört auf bis zum Hals zu schlagen. Gehetzt war ich durch die Straßen gerannt, gnadenlos zu spät zu einem wichtigen Termin. Eine satte halbe Stunde zu spät. Und dann war mein Gegenüber gar nicht gnadenlos, sondern ganz entspannt: „Alles gut! Komm erst mal in Ruhe an an!“ Was für eine Erleichterung!

 

Im Sportstudio begrüßt die neue Kursleiterin jeden Zuspätkommenden mit den Worten: „Fang einfach an, wenn Du fertig bist!“ Zugegeben: Das kann auf Dauer ganz schön nerven, vor allem alle anderen, die pünktlich sind. Trotzdem – Großzügigkeit tut unglaublich gut. Und motiviert manchmal mehr als eine Zurechtweisung. Wenn im Familienalltag die Situation angespannt ist, die Hausaufgaben immer noch nicht erledigt, das Zimmer noch nicht aufgeräumt, die Spülmaschine nicht geleert, dann kann es passieren, dass eines der Kinder augenzwinkernd diesen Satz zitiert: Fang einfach an, wenn du fertig bist! Dann müssen alle Beteiligten erst einmal lachen – und dann geht es von ganz alleine an`s Aufräumen.

 

Die Evangelische Fastenaktion „Sieben Wochen ohne“ lädt in diesem Jahr dazu ein, Dinge nicht zu eng zu sehen. Jedenfalls sieben Wochen lang. Ein „Großes Herz“ sollen wir haben, weil Jesus selbst es hatte. Besonders in der Passionszeit. Der großzügigste Satz, den ich kenne, stammt von ihm. Jesus spricht ihn am Kreuz – kurz vor seinem Tod: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!

 

Davor hat er immer wieder Geschichten erzählt, die von einer Großzügigkeit handeln, die überrascht und die befreit: das Gleichnis vom Verlorenen Sohn, der nach Jahren der Entfremdung und Enttäuschung zuhause vom Vater in die Arme geschlossen wird. Als die Ehebrecherin vor den Augen Jesu gesteinigt werden soll, da stimmt er nicht ein in den Chor der moralisch Entrüsteten, sondern reagiert erstaunlich gelassen: Wer von Euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein! Der eine Satz rettet die Situation und entspannt die Lage.

 

Sieben Wochen ein großes Herz! Ich versuche es erst mal mit einem Tag. Heute will ich großzügig sein: Ich fluche nicht, wenn der Busfahrer vor meiner Nase die Türen schließt und davon fährt. Ich zücke ein paar Münzen, wenn der Obdachlose um eine Kleinigkeit für ein Frühstück bittet. In der Kantine meckere ich nicht, weil das Essen schon halb erkaltet ist. Es tut gut, sich nicht aufzuregen. Meine Großzügigkeit beginnt, mir Spaß zu machen.

 

Abends im Sportstudio drängeln sich die Teilnehmer vor dem Kursraum. Die Leiterin verspätet sich. Als sie schließlich mit hochrotem Kopf um die Ecke biegt, hallt ihr ein fröhlicher Chor entgegen: Fang einfach an, wenn Du fertig bist!

11.01.2016
Pfarrerin Barbara Manterfeld-Wormit