Geduld und Pech

Wort zum Tage

Gemeinfrei via Unsplash/ Julian Böck

Geduld und Pech
von Pfarrer Eberhard Hadem
20.02.2023 - 06:20
29.01.2023
Eberhard Hadem
Sendung zum Nachhören
Feedback zur Sendung? Hier geht's zur Umfrage! 
Sendung zum Nachlesen

Die Redewendung ‚Pech gehabt‘ bedeutet, dass etwas passiert, an dem man nicht – oder zumindest nicht alleine – schuld ist. Ich verbinde mit Pech immer irgendeine Art von Unglück, ein kleines Malheur oder auch eine mittlere Katastrophe. Im Mittelalter wurde heißes Pech als Waffe gebraucht und verursachte schwerste Verbrennungen. Eigentlich ist Pech eine schwarze, teerartige Masse, die mit einem Hammer in Stücke gehauen werden kann. Darum galt es lange als fester Körper. Ein Professor in Australien wollte das Gegenteil beweisen: Dass Pech eigentlich eine Flüssigkeit ist, wenn auch eine sehr zähe.

Professor Thomas Parnell aus Queensland in Brisbane, Australien, goss im Jahr 1927 erwärmtes Pech in einen unten verschlossenen Glaszylinder – und wartete. Nach drei Jahren hatte sich der Stoff komplett gesetzt, dann wurde der Trichter unten geöffnet. Er sollte dem Pech auf diese Weise erlauben, zu ‚fließen‘. Parnell ertrug tapfer den Spott der Kollegenschaft. Tatsächlich löste sich ein Tropfen – nach 8 Jahren. Nach dem zweiten Tropfen 1947 verstarb der Professor – 20 Jahre nach dem Start.

Die langwierigste und vermutlich auch langweiligste Laboranordnung der Welt hat bis heute Bestand. Tragisch ist, dass bislang noch kein Mensch einen Tropfen hat fallen sehen. Der spätere Kurator des Experiments, Professor John Mainstone, blieb sprichwörtlich vom Pech verfolgt. 1988, als endlich wieder mal ein Tropfen herangereift war, wollte er sich nur noch schnell einen Kaffee holen. Als er zurückkehrte, war es bereits geschehen. Und ausgerechnet an dem Tag im November 2000, als sich der achte Pechtropfen löste, fiel die von ihm installierte Webcam aus. 2014 fiel der neunte und vorläufig letzte Tropfen Pech aus dem Trichter. Dennoch ist der experimentelle Nachweis erbracht, dass Pech die zäheste bekannte Flüssigkeit ist.

Thomas Parnell und John Mainstone bekamen 2005 den Ignoble-Nobelpreis für lustige, aber ernst gemeinte Forschung verliehen. Die Preisträger haben Humor. Sie wollen Menschen zuerst zum Lachen und dann zum Nachdenken bringen. Das ist ihnen bei mir gelungen.

Seit ich diese Geschichte gehört habe, denke ich bei dem sprichwörtlichen ‚Pech gehabt‘ nicht mehr nur an ein Unglück, sondern auch an – Durchhaltevermögen. Pech bleibt nicht ewig an einem kleben. Es löst sich. Man braucht nur: Geduld – manchmal viel davon.

Die Bibel bringt das Ganze auf den Punkt (Hebr. 11,1): Es ist der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man nicht sieht. Offensichtlich ist Durchhaltevermögen vielerorts dringend nötig. Am besten gepaart mit Zuversicht.

Es gilt das gesprochene Wort.

29.01.2023
Eberhard Hadem