Kaltes Kotlett

Wort zum Tage
Kaltes Kotlett
06.05.2020 - 06:20
30.01.2020
Kathrin Oxen
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Kartoffelsalat und kaltes Kotlett. Das hätte es geben müssen, heute, an seinem Geburtstag. Und natürlich „keine Reden / keine Rundbriefe / kein Kulturprogramm / und kein Friedensvariete, / sondern nur Kartoffelsalat / und ein kaltes Kotlett auf der Faust.“ Weil ihm das Verfügen und Bestimmen gänzlich fremd war, kann man wohl nicht sagen, er habe es so verfügt. Aber das mit dem Kartoffelsalat und kaltem Kotlett steht immerhin genauso in einem Text von ihm, der „Mein Testament“ heißt.

 

An diesem Tag im Mai vor 95 Jahren wurde Hanns Dieter Hüsch geboren, in Moers am Niederrhein. Er kam mit einer schweren Missbildung der Füße zur Welt. Seine Kindheit, das waren „Jahre der Wärme, der Krankheit, der Sorgen, der Liebe“, sagt er von sich. Diese Mischung aus Schmerz und Liebe prägt seine kabarettistischen Texte, die er schon als Jugendlicher und später als Student schrieb. Ein liebevoller und zärtlicher Blick auf das Leben der sogenannten „kleinen Leute“ und eine fast schmerzhaft spürbare Sehnsucht nach einem anderen Leben.

 

In seiner langen Karriere als Kabarettist hat Hanns Dieter Hüsch auch noch andere Verletzungen erlitten. Beim Festival auf Burg Waldeck 1968 wurde er ausgebuht und von der Bühne geholt, weil er dem Publikum nicht radikal genug war. An die linke Liedermacher- und Kabarettszene fand er danach keinen Anschluss mehr. Er blieb - wie einst als das Kind mit den verkrüppelten Füßen - ein Außenseiter, immerhin ein auf den Kleinkunstbühnen und im Fernsehen später ausgesprochen erfolgreicher Außenseiter.

 

Die Menschenfreundlichkeit und Wärme seiner Texte ist bis heute berührend. Noch mehr ist es für mich seine Gottfreundlichkeit. Für Hanns Dieter Hüsch ist Gott nicht fern. Man kann ihn, wenn man möchte, auch einmal für sieben Wochen im Himmel besuchen. Oder in der Wäscherei in Dinslaken, die Gott dort mit seiner Schwester betreibt. Der Wunsch, es möchte so sein, wird ungeheuer groß, nach dieser Welt voller Wärme und Liebe, so spaßig, traurig und schön. Nur das „Kotlett auf der Faust“ muss natürlich kalt sein.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

30.01.2020
Kathrin Oxen