Mit der Bergpredigt

Wort zum Tage

Gemeinfrei via Unsplash/ Nathan Wright

Mit der Bergpredigt
von Pfarrerin Kathrin Oxen
04.09.2023 - 06:20
04.07.2023
Kathrin Oxen
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Eine Bibel wiegt ungefähr 470 Gramm. Vor meinem Urlaub diesen Sommer hatte ich fasziniert mehrere Bücher über das Ultra-Leicht-Wandern gelesen. Da wird jeder Ausrüstungsgegenstand gewogen - und es wird abgewogen, ob man ihn wirklich mitnehmen soll. Ich war zwar bloß campen, aber bei fünf Personen plus Ausrüstung ist auch dabei schnell die Grenze der Zuladung erreicht. Die Bibel musste deswegen leider zuhause bleiben. Die Zahnbürste absägen und Etiketten aus der Kleidung trennen, so machen es erfahrene Ultra-Leicht-Wanderer. Ich hätte aus meiner Bibel vielleicht sehr vorsichtig die Kapitel 5 bis 7 aus dem Matthäusevangelium heraustrennen können. Dieses dünne Papier wiegt nicht viel. Und die Bergpredigt will ich eigentlich überall hin mitnehmen.

Das sehen andere anders. Die würden die Bergpredigt lieber heraustrennen und ganz beiseitelegen.

„Mit der Bergpredigt kann man keine Politik machen“. Auch wer die Bergpredigt gar nicht so genau kennt, kennt dafür vielleicht dieses berühmte Zitat. Es wird Otto von Bismarck zugeschrieben. Nachweisen lässt sich, dass der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt 1981 auf einem Kirchentag meinte, dass „die Bergpredigt keine Handlungsanweisung für den Umgang mit einer Supermacht bietet.“ Diese über vierzig Jahre alte Äußerung ist aktueller denn je. Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat eine friedensethische Diskussion neu angestoßen, die schon in einen gewissen Stand-By-Modus geraten war. Die radikalen Aufforderungen Jesu zur Gewaltlosigkeit und zur Feindesliebe sind unmissverständlich. Christinnen und Christen kommen darum nicht herum. Steil ragen die Thesen der Bergpredigt in die Wirklichkeit. Immer wieder stößt man sich an ihnen.

„Selig ist, wer sich nicht an mir ärgert“ (Mt 11,6), das sagt Jesus auch im Matthäusevangelium. Und zwar schon bald, nachdem er von dem Berg wieder herabgestiegen war. So, als rechne er von Anfang an mit unserem Widerspruch. Mit den Seligpreisungen beginnt die Bergpredigt. Und diese zusätzliche gehört für mich unbedingt dazu. Sich nicht an Jesus ärgern, die Bergpredigt nicht einfach raustrennen, mit der Bergpredigt leben. Ultra leicht ist es nicht. Aber möglich.

Es gilt das gesprochene Wort.

04.07.2023
Kathrin Oxen