Umarmungen

Wort zum Tage

Gemeinfrei via Unsplash/ Marco Bianchetti

Umarmungen
von Vikarin Sabrina Fabian
04.04.2023 - 06:20
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Wie fängt man die Essenz einer Umarmung ein? Zwei Arme öffnen sich und umgreifen den anderen Körper. Sie umschlingen Rücken oder legen sich auf Schultern ab. Hände kreuzen sich, streicheln sanft.  In Umarmungen kann vieles mitschwingen, essenziell ist, dass sie Menschen nah zusammenbringen und sie verbinden.

Und die Menschen in seinem Land zusammenbringen, das wollte Martin Luther King. Der Pastor und Bürgerrechtler hat gegen Diskriminierung und rassistische Zuschreibungen gekämpft. Am bekanntesten ist sicher seine Rede „I have a Dream“ – „Ich habe einen Traum“, in der er von einem Amerika mit gleicher Würde und gleichen Rechten für alle träumte. Heute vor 55 Jahren ist Martin Luther King bei einem Attentat ermordet worden, am 4. April 1968.

Zu seinem Gedenken wurde schon am 4. Januar, dem amerikanischen Gedenktag für Martin Luther King, eine neue Skulptur enthüllt. Der beauftragte Künstler hat sich genau diese Frage gestellt: Wie fängt man die Essenz einer Umarmung ein?

„Embrace“ – „Umarmung“ hat er sein Ergebnis genannt. Der Konzeptkünstler Hank Willis Thomas wollte ein Symbol entwerfen für etwas, das Menschen zusammenbringt. Vier bronzene Arme umschlingen sich nun im Bostoner Stadtpark und wirken dabei, als würden sie in der Luft hängen. Denn der Künstler hat auf die Köpfe und die Oberkörper der beiden Umarmenden verzichtet. Nur die Hände und die Arme bilden die sechs Meter hohe Statue.

Zur Vorlage hat sich der Künstler eine Fotografie genommen. Sie zeigt Martin Luther King und seine Frau Coretta Scott King bei einer Umarmung: 1964, nachdem King den Friedensnobelpreis gewonnen hat, umschließt er seine Frau und stützt sich gleichzeitig auf ihr ab. Er kreuzt seine Hände auf ihren Schultern. Die Arme seiner Frau umgreifen King von unten. Auf dem Foto sind Coretta und Martin eine Einheit. Und ihre Umarmung ist sogar so stabil, dass sie nur auf die Arme reduziert als Skulptur stehen kann. Auf die Köpfe habe er verzichtet, damit sich auch jede Betrachterin und jeder Betrachter selbst in die Skulptur hineindenken könne, erklärte der Künstler.

Sie könnten sich selbst in die Zuneigung hineindenken, die da sichtbar wird im Sich-zueinander-neigen. Sie könnten sich daran erinnern, wie es sich anfühlt, so fest zusammenzuhalten, gehalten und erleichtert zu werden, sich abzustützen oder selbst jemandem unter die Arme zu greifen. Kraftvoll und zärtlich zugleich. Mit Energie und Zärtlichkeit.

Es gilt das gesprochene Wort.