"Glückselig sind die, die hungert nach Gerechtigkeit. Denn sie werden satt werden", sagt Jesus. Wie sieht eine Welt aus, in der das Wirklichkeit wird?
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Wenn der Morgen graut und ungewiss ist, was der Tag bringt, mache ich manchmal eine kleine Gedankenreise: Stell dir vor, du gehst einen Feldweg entlang. Die Sonne scheint. Vögel zwitschern in den Bäumen und Büschen. Vor dir springt ein Grashüpfer von einem hohen Grashalm. Er hat es eilig, so wie du oft den ganzen Tag eilig unterwegs bist. Rechts eine Koppel, auf der Kühe in der Sonne dösen. Links eine Wiese unter einem großen Apfelbaum.
Du setzt dich ins Gras unter den Baum und lehnst dich an den Baumstamm. Warm ist er. Das Blätterdach über dir rauscht leise. Die Zweige mit den kleinen grünen Äpfeln wiegen sich sanft im Wind. Ein Star singt sein Lied. Ein Rotkehlchen fällt ein – die beiden singen im Duett. Du schließt die Augen – die Sonnenstrahlen, die durchs Blätterdach fallen, malen kleine Blitze auf deine geschlossenen Augenlider.
Du merkst, wie dein Atem tiefer wird und ruhiger. Und wie du innerlich klarer wirst. Deine vielen unsortierten Gedanken verfliegen mit dem Wind. Du denkst nicht, es denkt nicht in dir…. Du hörst das Rauschen der Blätter, das Vogelgezwitscher, in der Ferne ein Auto und nah bei dir das Summen einer Hummel. Einatmen. Pause. Ausatmen. Pause. Einatmen… es atmet dich. Du musst gar nichts dazu tun. Was für ein Geschenk.
Stell dir vor… stell dir vor, es hilft, Dir diesen Spaziergang mit Pause unterm Apfelbaum vorzustellen. Stell dir vor, es wirkt, dir vorzustellen, dass du dich mit deinem Nachbarn wieder verträgst. Ihr sprecht euch aus – und endlich kannst du deinen Garten wieder genießen, ohne argwöhnisch nach nebenan zu schielen, ob der Nachbar wieder sein Radio laut stellen wird. Stell dir vor, es ist wahr, was Jesus sagt:
Glückselig sind die, die wissen, dass sie nicht die großen Alleswisser sind. Die wissen, dass es weise ist, auf Gott zu hören. Ihnen gehört das Himmelreich.
Das Himmelreich – das meint den Himmel auf Erden. Eine Welt, in der die göttliche Ordnung gilt. Ein idealer Zustand, in dem kein Leid, kein Krieg und keine Ungerechtigkeit mehr sind.
Ein Ort, an dem die Trauernden glückselig sind – denn sie werden gesehen in ihrem Leid und getröstet.
Ein Ort, an dem die, die barmherzig sind, selbst barmherzig behandelt werden.
Ein Ort, an dem nicht die Skrupellosen und Machtgierigen die Welt gestalten, sondern die, die von Herzen freundlich sind.
Ein Ort, an dem die, die sich mit Leidenschaft für Gerechtigkeit einsetzen, Gerechtigkeit finden.
Ein Ort, an dem alle satt werden, die jetzt an Hunger sterben.
Ein Ort, an dem niemand mehr gefoltert, vergewaltigt und missbraucht wird. An dem die Betroffenen von Gewalt zu ihrem Recht kommen und Schuldige benannt und zur Verantwortung gezogen werden.
Ein Ort, an dem die, die Frieden stiften, nicht naiv genannt werden – sondern Kinder Gottes heißen.
Stell dir vor, die Welt kann sein wie in den großen Träumen und hohen Hoffnungen. Ein Ort, an dem du frei durchatmen kannst. Ein Ort, an dem du dich darauf verlassen kannst: Du bist nicht allein, was auch geschieht. Ein Ort, an dem die Vögel singen, die Luft klar ist und frisches Wasser fließt.
Christinnen und Christen erinnern sich in biblischer Tradition immer wieder an die großen Versprechen Gottes und an Jesu Worte. In diesem Erinnern wird das alles schon Wirklichkeit. Hier und jetzt. Es wird präsent, was Gott verheißt: das Himmelreich. "Stell dir vor" – darin liegt eine große Macht. Ich stelle mir Gutes vor – für mein Leben und für die Welt.
Es gilt das gesprochene Wort.
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